Ab­ge­duscht

Date de publication
04-12-2019

Während meines Studiums liebte ich die Hochschul­bibliothek: Monografien, Handbücher und Architektur­zeitschriften à discrétion. Speziell interessant war die in deutschen Maga­zinen häufige Rubrik mit hässlichen Details oder unglaublichen Baufehlern. Beim Ansehen überkam mich ein wohliges Gruseln und der Gedanke: «Was haben sich die Planer bloss dabei gedacht?», stets gefolgt von einem «Mir wird so etwas nie passieren».

Seit ich in der Schweiz lebe, sind ­diese Momente rar geworden. Die Fremdschäm-Kolumne ist in hie­sigen Publikationen nicht verbreitet. Zu eng das Land – man kennt sich –, zu rar das Futter. Umso erfreuter war ich also, als ich kürzlich in einer frisch umgebauten Wohnung im Schweizer Mittelland dieses schöne Badezimmerdetail entdeckte: Der Waschtisch ragt deutlich in den Duschbereich, die tägliche Flutung ist kaum zu verhindern. Ein Planungsfehler? Die eigenwillige Variante einer «Wellness-Oase»?

So oder so – die Qualität des Schweizer Bauschaffens steht nicht auf dem Spiel, noch dürfen wir keine neue Kolumne einführen. Denn lang­wierige Recherchen haben ergeben: Für den Innenausbau zeichnete eine polnische Firma verantwortlich. Aus Leserinnensicht muss ich fast sagen: leider.