Wer baut die Schweiz von mor­gen?

Swissbau 2014

An der ersten Swissbau-Arena 2014 diskutierten Vertreter aus Wirtschaft, Bund und Baugewerbe unter der Leitung von Franz Fischlin über den Nachwuchsmangel im Baugewerbe. Ein Vergleich mit der Diskussion derselben Veranstaltung von 2012 zeigt, was sich in dieser Zeit getan hat – oder eben nicht.

Publikationsdatum
22-01-2014
Revision
25-08-2015

Der Tenor ist der gleiche: Noch immer fehlt es der Schweiz an Praktikern, und nach wie vor sind handwerkliche Bauberufe nicht attraktiv. Die Schweizer Bauwirtschaft boomt, die Auftragsbücher sind voll. Für 2014 wird gar ein Wachstum des Wohnungsbestandes um 50.000 Einheiten erwartet. Muss man sich tatsächlich sorgen machen? Die Diskussionsteilnehmer sehen dies unterschiedlich: Für Margrit Stamm, Leiterin des Forschungsinstitut SWISSEducation, wird der Nachwuchsmangel erst in 10 bis 20 Jahren kritisch. «Noch sind die Weichen stellbar», so Stamm. Laut SIA-Präsident Stefan Cadosch ist das Problem bereits akut und muss nun angegangen werden. Im Ingenieurbereich fehle es in der Praxis bereits jetzt an Fachkräften. 

Informieren und rekrutieren

Bestrebungen zu Imageverbesserungen hat der Baumeisterverband unternommen – mit einem Imagespot. Laut Verbandsdirektor Daniel Lehmann verzeichnet man derzeit so viele Lehrlinge wie noch nie, nämlich 6000. Für Lehmann ist dies eine direkte Wirkung des Spots und weiterer kleiner Massnahmen, die in den letzten Monaten umgesetzt wurden. Er zieht daraus die Erkenntnis, dass die Information über einen Beruf wesentlich ist: «Wichtig ist, dass die Schulen eine seriöse Rekrutierung machen.»

Etikettenschwindel

Ein Ansatz, um Bauberufe attraktiver zu machen, sind neue Berufsbezeichnungen oder die Entwicklung neuer Berufe. Gemäss Margrit Stamm wäre es nicht sinnvoll, einfach englische Bezeichnungen einzuführen, denn spätestens am ersten Tag der Berufslehre merken die Jugendlichen, was sich dahinter verbirgt. Hingegen sei es wichtig, international anerkannte Abschlüsse im höheren Berufsbildungsbereich zu haben, um gegenüber ausländischen Fachleuten nicht unterzugehen.  

Daniel Büchel, Vizedirektor des Bundesamts für Energie BFE: «Natürlich darf es nicht nur die Etikette sein, die ändert.» Man müsse den Inhalt und das Image des Berufs anpassen. Es gebe Verbände, die sich überlegen müssen, ihre Berufsbilder fundamental neu zu überarbeiten und beispielsweise auch Know-how bei Energiefragen abdecken. 

Peter Schilliger, Nationalrat und Zentralpräsident suissetec, weist auf ein weiteres Problem hin: Jugendliche, die nicht ans Gymnasium gehen, würden in die Dienstleistungsbranche abwandern, weil diese attraktiver und besser bezahlt sei. «Der Wandel von der produzierenden Welt in den Dienstleistungssektor ist ein Hauptproblem der Baubranche», so Schillinger.

Zur Weiterbildung zwingen

In einem Einspieler der Veranstaltung vor zwei Jahren sagte Armin Binz, damals Leiter der Minergie Agentur Bau, der Schweiz fehle ein integrales Weiterbildungssystem für die Baubranche. Für Ulrich Weidmann, Vorsteher des Departements Bau, Umwelt und Geomatik der ETH Zürich, ist hier der ökonomische Druck ein Problem: Die Auftragsbücher sind voll, viele Mitarbeiter sind nicht entbehrlich. Vor allem mehrtägige Weiterbildungen sind für viele Unternehmen nicht möglich. Christian Zimmermann von der Hochschule Luzern fügt hinzu: «Zudem ist die Halbwertszeit von Fachwissen extrem kurz.» Laut Stefan Cadosch besteht bereits ein sehr grosses Weiterbildungsangebot. Nun gehe es darum, den Wildwuchs an Weiterbildungen zu kanalisieren und Kompetenzzentren zu bieten. 

Wo ist die Bauakademie

Vor zwei Jahren schlug Sacha Menz, Vorsteher Institut für Technologie und Architektur ETH Zürich, eine schweizerische Bauakademie vor und wettete, dass es diese spätestens in zwei Jahren gebe – also jetzt. Bekannt ist bisher nichts. Für Stefan Cadosch hätte die ETH als Bundesinstitution gute Karten, eine solche Akademie aufzuziehen. Für Daniel Büchel wären die Verbände hier gefordert. Margrit Stamm sieht eine Bauakademie als ein weiteres Pflänzchen in einem Dschungel von Weiterbildungen. Für sie braucht es einen neuen Masterplan für das Berufsleben. 

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