Das Le­ben ist eine Bühne

Date de publication
04-06-2021

Mitten in der Stadt Bern ist – aus Versehen? – ein Theaterraum entstanden: Zwischen den beiden Gebäuden der Nationalbank steht ein Kran auf einem mächtigen Podest, unter dem der Verkehr hindurchzieht. Derzeit ist er spärlich und könnte allabendlich für ein Stündchen umgeleitet werden, wie es sonst auch für die vorweihnachtliche Lichtschau auf dem ­Bundesplatz geschieht. Beton, Stahl, Brandschutzverkleidungen und Absperrungen staffeln den Raum wie Kulissen zu einem Bühnenbild. Die sowieso einigermassen leblose Fassade im Hintergrund gewinnt durch die Holztafeln, die in die Fensteröffnungen hineingezimmert sind, eine unwirkliche Qualität, und die Beleuchtung tut ein Übriges. Als provisorische Bühne im öffentlichen Raum – gross genug, gut belüftet und mit Fluchtwegen ausgestattet – wäre dieser Spielort doch eine an­regende Alternative. Solange wir erst vereinzelt in das Stadttheater und die kleinen Berner Bühnen hineindürfen, könnten Schauspieler, Sängerinnen und Tänzer doch heraus­kommen. Eins ist sicher: Allein die direkte Umgebung mit dem Bundeshaus, dem Markt und der Nationalbank, unter der es Gerüchten zufolge acht Etagen in die Tiefe geht, an­gefüllt mit Goldbarren, würde genügend Geschichten hergeben, von denen sich hier erzählen liesse.