«Es ist wichtig, dass entsprechendes Fachwissen einfliesst»
Wahlen 2023
Im Herbst finden die eidgenössischen Wahlen statt. Wer soll die Herausforderungen anpacken, die im Bereich Raumentwicklung, Klima und Energie auf uns zukommen? Wir haben politisch engagierte Baufachleute aller Parteien zu ihren Zielen befragt. Heute: Manfred Schoger, GLP, Solothurn.
STECKBRIEF
Manfred Schoger, geb. 1986, ist Umweltingenieur EPFL. Er arbeitet als Stv. Betriebsleiter bei der Alwatec Umwelttechnik und kandidiert zum ersten Mal für den Nationalrat.
Parteizugehörigkeit: Grünliberale Partei GLP
Frühere politische Ämter: keine
Aktuelles politisches Amt: Mitglied im Gemeinderat Olten, Mitglied der Finanzkommission Olten
Welches Ereignis hat Sie dazu motiviert, sich politisch zu engagieren?
Ich fing auf Gemeindeebene an, mich politisch zu engagieren. Ich wollte selbst mitwirken bei der Erarbeitung von Lösungen für die vielen Probleme und Schwierigkeiten, mit denen man in Olten täglich konfrontiert wird. Sei es bei der Bereitstellung von Fremdbetreuungsplätzen oder bei der Revision des räumlichen Leitbildes, das die Weichen für die Ortsplanung der kommenden 20 Jahre stellt.
Weshalb in dieser Partei?
Die GLP thematisiert die aktuellen Herausforderungen, die uns noch viele Jahre beschäftigen werden. Der Klimawandel oder die Energiekrise sind dabei nur zwei der meistgenannten Themen. Die GLP bringt den Mut auf, Lösungsansätze und -vorschläge für diese Herausforderungen zu erarbeiten, ohne das liberale Erfolgsmodell der Schweiz zu gefährden.
Hängt Ihre politische Motivation mit Ihrem Hintergrund bzw. Ihrer Tätigkeit in der Planungs- und Baubranche zusammen?
Ja. Die Personen in der Planungs- und Baubranche bilden einen Teil der Gesellschaft, der mit seiner Tätigkeit unsere Umwelt sehr stark verändert. Diese Veränderungen sind meist für einen längeren Zeithorizont massgebend. Es ist naheliegend, dass ich für meine berufliche Tätigkeit die politischen Rahmenbedingungen in Hinblick auf die kommenden Herausforderungen anpassen möchte. Als Beispiel nehme ich das Thema der Kreislaufwirtschaft, das einerseits die Innovation der Schweizer Firmen in der Baubranche fördert, andererseits aber auch einen schonenderen Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen sichert.
Zudem erlaubt mir meine Ausbildung als Umweltingenieur wie auch die Tätigkeit in der Planungs- und Baubranche, in gewissen Themenbereichen einen tieferen Einblick zu haben und ein besseres Verständnis aufzubringen. Dies kann ich bei Bedarf an meine Kollegen weitergeben.
→ Wählen Sie! Die Interviewreihe von TEC21 gibt politisch engagierten Baufachleuten unterschiedlicher Parteien das Wort. Alle Interviews finden Sie hier.
Welche Ziele wollen Sie in Ihrem aktuellen politischen Amt bzw. nach einer allfälligen Wahl in den Nationalrat erreichen?
Ich möchte die Menschen in Bezug auf einen schonenden Umgang mit unseren endlichen Ressourcen sensibilisieren. Neben einer Bewältigung der Energiekrise soll – wo möglich und sinnvoll – auch die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft in unterschiedlichen Industriebereichen gefördert werden. Es gilt jedoch die anstehenden Herausforderungen nicht isoliert, sondern in grösseren Zusammenhängen zu betrachten. So kann ein möglicher Lösungsansatz für die Bekämpfung des aktuellen Fachkräftemangels die Bereitstellung von genügend bezahlbaren Fremdbetreuungsplätzen für Kinder sein, auch ausserhalb der «normalen» Arbeitszeiten von 8.00 bis 17.00 Uhr. Dies ermöglicht denjenigen, die wollen, einen besseren Zugang zur Arbeitswelt.
Verfolgen Sie auch politische Ziele, die spezifisch mit dem Planungs- und Bauwesen zu tun haben?
Alle zuvor genannten sind mehr oder weniger stark relevant für das Planungs- und Bauwesen. Einige haben einen direkten Einfluss auf die Arbeitstätigkeiten (z. B. Kreislaufwirtschaft, Klimawandel), andere Punkte (z. B. Fachkräftemangel) betreffen mehrere Zielgruppen, von denen das Planungs- und Bauwesen jedoch nicht ausgenommen ist.
Warum sind diese Ziele relevant?
Diese Ziele, insbesondere der schonende Umgang mit unseren Ressourcen und der Klimawandel, werden uns noch Jahrzehnte beschäftigen. Wir müssen aber jetzt die Weichen in die richtige Richtung stellen. Andere Themen wie der Fachkräftemangel und die Möglichkeit einer Fremdbetreuung für Kinder müssen ebenfalls jetzt angegangen werden, um in absehbarer Zeit nicht in noch grössere Probleme hineinzulaufen.
Wie vermitteln Sie Ihre Ziele der Wählerschaft und anderen politischen Akteuren?
Ich versuche in den allermeisten Fällen meine Meinung in einem persönlichen Gespräch zu vermitteln. Dies ist sehr zeitaufwendig, es erlaubt mir jedoch auf einzelne Bedenken einzugehen. Zudem kann so in einer politischen Diskussion rasch eine erste gemeinsame Linie gefunden werden, um anstehende Herausforderungen – auch parteiübergreifend – anzugehen. Später können diese dann gegebenenfalls auch in einem anderen Format weiterbearbeitet werden.
Werden Sie gehört? Woran erkennen Sie das?
In der Art und Weise, wie mir der Gesprächspartner zuhört, auf meine Argumente eingeht und anschliessend handelt, merke ich rasch, ob ich gehört werde oder nicht.
Braucht es mehr Planungs- und Baufachleute, die sich politisch engagieren?
Ja. Die Planungs- und Baubranche ist sehr breit aufgestellt. Viele Personen arbeiten in der Regel in einem spezifischen Themenbereich, sind es sich aber gewohnt, in interdisziplinären Projektteams zu wirken. Sie können ihre Anliegen auf eine Art mitteilen, dass auch Nicht-Fachleute sie verstehen. Nur so kann ein Projekt im Sinne aller vorwärtsgebracht werden. Dies ist eine Kompetenz, die in der Politik dringend benötigt wird, um parteiübergreifend sachliche Lösungsansätze für die anstehenden Herausforderungen zu suchen. Zudem ergibt sich durch die Breite der Branche ein sehr grosses Schwarmwissen, welches in unterschiedlichen Situationen von Nutzen sein kann.
Weshalb ist es wichtig, dass Planungs- und Bauthemen in den politischen Diskurs einfliessen?
Die Arbeit der Planungs- und Baubranche gestaltet unsere Umwelt langfristig und sehr sichtbar mit. Die Ergebnisse dieser Arbeit werden von der gesamten Bevölkerung wahrgenommen. Bei grösseren Projekten kann das zudem sehr kostenintensiv sein. Aus diesen Gründen können solche Themen bei vielen Leuten rasch zu emotionalen Diskussionen führen, ohne dass sie die genauen Rahmenbedingungen der Projekte kennen. Sehr aktuell bei uns ist zum Beispiel das Thema der Verkehrsplanung. Es ist wichtig, dass bei solchen Diskussionen das entsprechende Fachwissen einfliesst.
Welchen spezifischen politischen Beitrag sollten Planungs- und Baufachleute im Dienst der Öffentlichkeit leisten?
Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass die Leute aus der Planungs- und Baubranche in Bezug auf anstehende Herausforderungen proaktiv und klar kommunizieren. Nur so kann in der breiten Bevölkerung und auch in der Politik ein Verständnis für anstehende Herausforderungen, Anpassungen und Veränderungen geschaffen werden.
Um welche Ziele zu erreichen? Warum sind diese Ziele relevant?
Die Planungs- und Baubranche leistet einen wesentlichen Anteil an der Lösungserarbeitung zu Herausforderungen, die uns noch eine lange Zeit beschäftigen werden. Als Beispiel können bauliche Massnahmen in den Städten genannt werden, um die Folgen des Klimawandels für die Bevölkerung erträglicher zu gestalten.
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