Zwei Sti­le, ei­ne Ein­heit

Parkrestauration

Die barocke Gartenanlage des Landguts Mariahalde in Erlenbach aus dem Jahr 1770 wurde restauriert. Einmalig ist darin die laienhafte Überformung des barocken Ziergartens im Sinn des Landschaftsgartens Mitte des 19. Jahrhunderts. 

Publikationsdatum
21-07-2016
Revision
21-07-2016

Herrenhaus, Rebberg, Trotte, Stall, Weiden, Gemüsegarten, Laubengang und Ziergarten – das barocke Ensemble des Landguts Mariahalde in Erlenbach ist bis heute integral erhalten. Anfänglich lebte das städtische Patriziat während der Sommermonate im Landgut, heute ist es seit über hundert Jahren dank der Martin Stiftung von Louise Escher-Bodmer Wohn- und Arbeitsraum für Menschen mit geistiger Behinderung. Sie betätigen sich mehrheitlich in landwirtschaftlichen Aufgaben wie Gemüseanbau und Tierhaltung.   

Als die Stiftungsleitung vor einigen Jahren einen Hühnerstall bauen wollte, machte die Denkmalpflege die Auflage, ein gartendenkmalpflegerisches Gutachten mit Gestaltungskonzept für die ganze Anlage zu erstellen. Dieses wurde vom Büro Umland für Gestaltung städtischer und ländlicher Freiräume erarbeitet. Im Vordergrund der drei Jahre dauernden Arbeiten, die Umland anschliessend ausführte, standen die Anpassung des Gemüsegartens und der Pflege an die heutigen Bedürfnisse sowie die Restaurierung der Parkanlage. 

Eine erste Etappe umfasste die In­standstellung des barocken Gemüsegartens und des barocken Lau­bengangs, der einen heute raren Mastixbelag enthält. Augenfällige neue Elemente sind eine neue Stützmauer aus Beton entlang der Promenade, ein Spalier, das den Gemüsegarten auf der gegenüberliegenden Seite fasst, und ein Gewächshaus. Wie diese Neuerungen, so integriert sich auch das Rondell in der Mitte der Einfahrt konzeptionell und in seinem Ausdruck in die Anlage und bildet zusammen mit dem Alten ein neues Ganzes.

Barock und landschaftlich

In einem zweiten Schritt erfolgte die Renovation des Umfelds des Herrenhauses und des Ziergartens. Sie wurden bezüglich ihrer Elemente aus der Barockzeit und des Landschaftsgartens untersucht.  Die räumlichen Konzepte dieser beiden Gartenstile flossen dann situativ in die Restauration und Neugestaltung ein. Wichtige Erkenntnisse haben sich auch aus einer Analyse der gestalterischen Anwendung der Pflanzen­arten im Ziergarten der Mariahalde ergeben. Die Kombination der Analysen ergab das räumliche Gerüst. 

Farben, Kontraste

Der konzeptionelle Überbau für die Pflanzenverwendung stammt aus den Theorien der Gartenkünstler Repton, Sckell und Lenné, wonach sich die Freiräume des Landguts in Garten und Park gliedern. Der Garten ist reich an Blumen, er ist klein­teiliger und enthält Rasen. Der Park ist grosszügiger, offener und natürlicher. Die Entwicklungsgeschichte des Ziergartens der Mariahalde, sein Pflanzenbestand und auch die Ausdehnung des Landguts festigten diesen Ansatz. Wechselflor- und Staudenbeete sowie Gehölzbepflanzungen konnten so verortet und konzeptionellen Themen zugeordnet werden. Der pflanzliche Bestand, meist aus dem frühen 20. Jahrhundert, war zu erhalten. Gleichzeitig musste er aber auch ergänzt und neue Qualitäten hinzugefügt werden. Prägend für die Anlage waren zum Zeitpunkt der Restaurierung die immergrünen Gehölze. 

Farben wurden nach der Farbenlehre von Goethe verwendet, die vor rund 170 Jahren in der Regel zum Einsatz kam. Dabei wurde mit der sogenannten harmonischen Bepflanzung mit Komplementärfarben gearbeitet – in Fall der Mariahalde mit Grün und Rot. Die zwei Farben, insbesondere das Grün, variieren in ihren Ausprägungen jedoch stark. Das Dunkelrot ist neben den immergrünen Gehölzen wirkungsvoll, und so entsteht ein edler Ausdruck. Ein starker Wechsel der Helligkeiten, insbesondere unter den Grüntönen, schafft eine angenehme Vielfalt. Diese Themen überlagernd wurden Blattschmuckstauden gepflanzt – auch sie waren um 1850 beliebt. 

Im Lauf der Arbeiten wurden barocke Wasserleitungen und ein Fischbecken entdeckt und in­stand gestellt, die Wasseranlagen wieder funktionstüchtig gemacht, die Stützmauern und die Wege saniert und die Bepflanzung umfassend ergänzt. Die Vielschichtigkeit der ganzen Aufgabe erforderte es, unterschiedlicher Strategien anzuwenden, denn während Projektierung und Ausführung musste das Büro Umland laufend neue Erkenntnisse in die die Planung und Ausführung enfliesen lassen.

Die Anlage ist öffentlich zugänglich. Am 11. September 2016 findet eine Führung mit dem Büro Umland und der Denkmalpflege statt. www.hereinspaziert.ch

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