Zur Vor­ga­be der Ze­ment­art CEM III / B für Hoch­bau­be­to­ne

Empfehlung der Normkommission SIA 262

Aus Nachhaltigkeitsüberlegungen wird für Hochbauten häufig vorgeschrieben, die Zementart CEM III / B zu verwenden. Bei genauerer Betrachtung ihrer Eigenschaften zeigt sich jedoch, dass diese Vorgabe mehr als problematisch sein kann.

Publikationsdatum
02-06-2016
Revision
02-06-2016

Verschiedene Bauherren von Hochbauten schreiben in den Ausschreibungsunterlagen aus Nachhaltigkeitsüberlegungen die Verwendung der Zementart CEM III / B vor – nach gängiger Bewertungspraxis verursacht sie geringere CO2-Emissionen als andere Zementarten. Diese Betone werden dabei als Beton nach Eigenschaften gemäss SIA 262 resp. SN EN 206 ausgeschrieben, in der Regel ­als Recyc­lingbeton. Die Normkommission SIA 262 möchte auf einige Punkte hinweisen, die in diesem Zusammenhang ­zu beachten sind. 

Betone mit CEM III / B er­härten deutlich langsamer und ent­wickeln eine viel geringere Hydratationswärme als entsprechende Betone mit CEM I oder CEM II. Dadurch sind bei Bauteilen mit CEM III / B wesentlich längere Ausschalfristen und Nachbehandlungsdauern erforderlich (in der Regel mindestens doppelt so lange), was sich insbesondere bei kalten Temperaturen nachteilig auf den Baufortschritt auswirkt.

Andererseits weisen Betone mit CEM III / B einen reduzierten Karbonatisierungswiderstand auf, und es zeigt sich in der Praxis, dass die entsprechende Grenzwerte für die Betonsorten NPK A und NPK B nicht sicher eingehalten werden können. Da Re­cyclingbetone in vielen Fällen ohnehin einen geringeren Karbonatisierungswiderstand aufweisen, besteht in Kombination mit CEM III / B ein erhöhtes Korro­sionsrisiko, was insbesondere für Bauteile im Aussenraum und im Bereich von Nasszellen kritisch ist.

Da eine bestimmte Zementart vorgegeben wird, ohne damit eine bestimmte technische Eigenschaft des Betons mit entsprechendem Prüfverfahren nach SIA 262, Ziffer 3.1.1.2.2 zu fordern, liegt zudem kein Beton nach Eigenschaften vor, sondern ein Beton nach Zusammensetzung. Im Fall eines Betons nach Zusammen­setzung ändern die Verantwortlichkeiten der Parteien, die am Bau beteiligt sind, stark. Insbesondere über­nimmt der Bauherr resp. Projektverfasser bei einem Beton nach Zusammensetzung die Verantwortung für die Einhaltung der allgemeinen Anforderungen der SN EN 206 und die Erstprüfung des Betons. 

Die Zementart CEM III / B hat für Tiefbaubetone mit vergleichsweise geringen w/z-Werten und hohen Bewehrungsüberdeckungen ihre Berechtigung, insbesondere wenn technische Eigenschaften wie AAR- und Sulfatbeständigkeit sowie eine geringe Hydratationswärme dicker Bauteile gefordert werden.

Die Nachhaltigkeit von Bauwerken mit CEM III / B im Hochbau ist hingegen bezüglich potenzieller Dauerhaftigkeitsprobleme zweifelhaft, und es stellt sich zudem die Frage nach den Verantwortlichkeiten (Beton nach Zusammensetzung). Die Normkommission SIA 262 empfiehlt daher, von einer Vorgabe der Zementart CEM III / B aus Nachhaltigkeitsüberlegungen abzusehen. Die Nachhaltigkeit eines Bauwerks sollte vielmehr ganzheitlich nach SN EN 15804 beurteilt werden.

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