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Aus den Berufsgruppen: Ingenieurbau

Dumpinghonorare, Imageprobleme, fehlende Anerkennung von Kompetenzen – machen «die anderen» uns Ingenieuren das Leben schwer, oder sind wir es selbst?

Publikationsdatum
09-06-2016
Revision
10-06-2016

Der Berufsgruppenrat der Bauingenieure des SIA (BGI) hat sich das Ziel gesetzt, die gesellschaftliche Stellung von Ingenieurinnen und Ingenieuren in der Schweiz zu stärken. Dieses ambi­tiöse Vorhaben kann nur durch stetige Bemühungen des gesamten ­Berufsstands erreicht werden. In kleinen Schritten versuchen wir die Attraktivität und Relevanz des Berufs bekannt zu machen und sein Ansehen zu verbessern.

Denn das Renommee hat zweifelsohne gelitten, und zwar nicht zuletzt durch den ruinösen Honorarkampf, den unsere Branche selbst verursacht hat. Es überrascht, dass dieser in einer ­Phase der Hochkonjunktur und bei gleichzeitigem Fachkräftemangel stattfindet. Die niedrigen Honorare haben zu Leistungsabbau und vereinzelt zu Qualitätseinbussen geführt, was die negative Entwicklung weiter beschleunigte. 

Knapp genügende Leistung

Eine hinreichende Korrelation zwischen verursachten Schadenssummen und tiefen Honoraren ist zwar nicht nachgewiesen, jedoch ebenso wenig das Gegenteil. Die gebotene Qualität (z. B. Kosten und Termine) hat aber in der Wahrnehmung der Auftraggeber klar abgenommen. Diese sind zusehends verunsichert und meinen, dass unbeachtet des Honorars die gleiche, knapp genügende Leistung erbracht werde. Steigende Nachtragssummen der Bauingenieure an ihre Auftraggeber helfen in dieser Situation nicht, aus dem Dilemma auszubrechen; sie verstärken eher das Imageproblem. 

Der Bauingenieur als Treuhänder und Berater des Bauherrn ist aus der Mode gekommen und hat mittlerweile dem schnittigen Claim Manager Platz gemacht; eine Tendenz, die uns durchaus zum Nachdenken anregen sollte. Welche Werte sind uns wichtig, welches Ansehen hätten wir gern in unserer Berufswelt, wie wollen wir die Schweiz mitgestalten? Und wie wird sich unser Berufsbild mit zunehmender Digitalisierung verändern? Solche Fragen beschäftigen uns im BGI-Rat. Schlüssige Antworten haben wir noch keine, Lösungsansätze jedoch schon und zudem eine Vorstellung, wie wir die Herausforderungen angehen wollen. 

Ist mal wieder der Markt schuld?

Es sind multiple Ursachen, die zum heutigen System geführt haben: In Gesprächen fällt auf, dass der Markt immer durch andere gemacht wird und nicht vom eigenen Unternehmen. Viele Kollegen fühlen sich diesem ausgeliefert, wehrlos und als Opfer des Systems – was sie veranlasst, nach protektionistischen und regulierenden Massnahmen zur Stärkung unseres Berufsstands zu rufen. Dieser Aufforderung kann und will der SIA als Berufsverband nicht nachkommen. 

Freihandelsabkommen und kartellrechtliche Bestimmungen bilden gesetzliche Grundlagen, die wir zu respektieren haben. Als SIA-­Mitglied stehen wir zur Marktwirtschaft. Regulierungen brauchen wir nicht, denn letztlich bestimmen wir Honorar und Leistung selber! Es liegt in unserer Verantwortung, das Preisniveau zu bestimmen. Die unternehmerische Freiheit lässt Tiefpreise zu. Kostenführerschaft ist eine legitime strategische Positionierung.

Der Markt lässt aber ebenso Platz für Nischen und auf Qualität getrimmte Dienstleistungen. Einige Auftraggeber sind durchaus willens, auf ein Honorar-Flachrennen zu verzichten, wenn sich eine Offerte durch einen besonders erfolgversprechenden Zugang zur Aufgabe von anderen abhebt. Einige Auftrag­geber verschliessen sich jedoch diesem intelligenten Ansatz noch und verschenken so viel Potenzial. 

Der SIA bietet mit seinen Ordnungen 142/143/144 ideale Grundlagen für die Ausschreibung von intellektuellen Dienstleistungen. Die Sensibilisierung der Offerierenden (interner Stundenansatz, Deckungsbeitrag, Gewinn usw.) sowie das Interesse der Auftraggeber für kreative Offertprozesse sind einige unserer nächsten Aufgaben. Sie, geschätzte Leserin und geschätzter Leser, fühlen sich hoffentlich angesprochen und wollen mitgestalten? Wir würden uns freuen, Sie in den Reihen des Berufsgruppenrats BGI begrüssen zu dürfen. 

Wir freuen uns auf die ­Zukunft und die Möglichkeit im ­Sinn der Berufskollegen etwas ­bewirken zu können. Fragen, Anregungen, ­Interesse bitte direkt an: fischli-%C2%ADboson [at] szs.ch (fischli-­boson[at]szs[dot]ch)

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