What­salp – zu Fuss von Wien nach Niz­za

Zwei Schweizer wandern in 120 Tagen von Wien nach Nizza. Bereits vor 25 Jahren erkundeten sie den Alpenbogen auf derselben Route. Nun wollen sie dokumentieren, wie sich Leben und Landschaften seither verändert haben. Unser Korrespondent Lukas Denzler war mit dabei.

Publikationsdatum
16-08-2017
Revision
17-08-2017

Olivone TI, Scuola Alpina. Wir befinden uns in einem Unterrichtsraum der Fondazione Alpina per le Scienze della Vita. Das Gebäude diente einst der Schweizer Armee als Militärspital. Heute können hier Kinder aus der italienischen Schweiz Ferienlager besuchen. Am Vormittag verbessern sie beispielsweise ihre Deutsch- oder Französischkenntnisse, während am Nachmittag Sport und Spiele angeboten werden. Vor unserer Wanderung nach Acquacalda am Lukmanierpass stand ein Besuch der «Scuola Alpina» der Fondazione in Olivone auf dem Programm.

Blog dokumentiert Wanderung

Anfang August erreichte die Whatsalp-Wandergruppe, die am 3. Juni 2017 in Wien gestartet war, das Bleniotal. Die Route in der Schweiz führte sie über das Münstertal, Poschiavo, Maloja, das Avers und Vals nach Olivone. «Whatsalp – warum denn dieser Name?», wollte ein etwa 12-jähriger Ferienlagerteilnehmer wissen. «Whatsalp ist eine Anspielung darauf, dass wir auch die neuen Medien nutzen», antwortete Harry Spiess von der Whatsalp-Kerngruppe. In ihrem Blog halten die Mitglieder dieser Gruppe ihre Eindrücke und Beobachtungen fest.

Die Kerngruppe von Whatsalp besteht aus den beiden Schweizern Dominik Siegrist und Harry Spiess. Ihr Ziel ist Nizza, Ankunft am 29. September 2017. Siegrist lehrt an der Hochschule für Technik in Rapperswil, Spiess an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur. Die beiden Geografen begingen mit Kollegen und Kolleginnen aus den Alpenländern vor 25 Jahren bereits einmal fast denselben Weg. Das Projekt «TransALPedes» stiess bei den Medien damals auf grosses Interesse. Jetzt, 25 Jahre später, wollen sie herausfinden, was sich verändert hat, wie es um eine nachhaltige Entwicklung im Alpenraum bestellt ist und was die Menschen in den Alpentälern beschäftigt. Die zahlreichen Lokaltermine während der 120 Tage dauernden Wanderung sind ideal, um den Puls zu fühlen und Stimmungen aufzunehmen.

Temporäre Mitwandernde

Unterwegs stossen immer wieder neue Mitwandernde für einige Tage zur Kerngruppe. Ich nutze die Gelegenheit, im Bleniotal dabei zu sein. Nachdem die Alpenwanderer von der Läntahütte über den Passo Soreda im Bleniotal angekommen sind, werden sie am Abend im Centro Giovanile della Valle di Blenio in Dongio empfangen. Der Sindaco von Acquarossa, Odis Barbara De Leoni, sagt, er sei ein bisschen neidisch auf die Mitglieder der Kerngruppe, die vier Monate lang auf Erkundungstour in den Alpen unterwegs seien. Den Abend organisiert hat SP-Kantonsrätin Gina La Mantia mit Unterstützung der Associazione Blenio Viva, der Fondazione Alpina per Le Scienze della Vitta, des Centro Pro Natura Lucomagno und der drei Gemeinden im Bleniotal.

Der Verein Blenio Viva ist erst im letzten November gegründet worden – als Reaktion auf den gescheiterten Parc Adula. Das Nationalparkprojekt hatte im letzten Jahr zu intensiven Diskussionen im Tal geführt (vgl. «Parc Adula wird kein Nationalpark»). In der Vorbereitungsphase löste es viele Initiativen und Projekte aus. Das Ziel von Blenio Viva ist es nun, diesen Schwung aufzunehmen, den Dialog in der Bevölkerung zu fördern und sich für ein lebendiges Tal einzusetzen. Der Verein steht auch Zweitwohnungsbesitzern offen. Am Abend werden im Centro Pro Natura Lucomagno die Diskussionen fortgeführt. Dabei geht es vor allem um die Frage, weshalb der Parc Adula auf so starken Widerstand gestossen und von einer Mehrheit der Gemeinden abgelehnt worden war.  

Viele regionale Initiativen

Nach der Hälfte der Wanderung von Wien nach Nizza können Dominik Siegrist und Harry Spiess bereits ein erstes Fazit ziehen: Während es vor 25 Jahren grossen Widerstand gegen grosse Schnellstrassenprojekte, Stauseen oder Skigebietserschliessungen gegeben habe, sei davon nicht mehr viel zu spüren. Diese seien entweder gebaut oder kein Thema mehr. Dafür gibt es laut Siegrist und Spiess heute viele regionale Initiativen, die zum Ziel haben, die nachhaltige Entwicklung in den Alpen voranzutreiben. Ein interessantes Beispiel dafür ist 100% Valposchiavo. Bei diesem Projekt geht es um die konsequente Förderung regionaler Produkte sowie deren touristische Vermarktung.

Inzwischen ist die Whatsalp-Wandergruppe via Andermatt und das Goms im Rhonetal angekommen. Dort folgen zwei Veloetappen, bevor es am 21. August ins Aostatal Richtung Montblanc-Massiv weitergeht.
 

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