Wenn das Was­ser durch den Zoll muss

Ölrückhaltebecken am Flughafen Zürich

Ein Rohr, das durch ein unterirdisches Bauwerk geht, und Leitungen, die unter einer Zollgrenze hindurchlaufen: Das neu erstellte Stapelbecken des Bundesamts für Strassen war eine nicht alltägliche Baustelle.

Im Osten verlaufen die Kantons- und Nationalstrasse, darüber ein Bahnviadukt, im Süden befinden sich eine Personenunterführung, Kanäle und Werkleitungen, im Norden Gebäude und im Westen das abgeriegelte Flughafengelände mit der Zollgrenze. Genau dort, in grund­bruchgefährdetem Baugrund mit artesisch gespanntem Grundwasser, war das neue Ölrückhaltebecken des Bundesamts für Strassen (Astra), das der Entwässerung der Nationalstrasse N11/60 dient, unterirdisch zu erstellen. Als seien das noch nicht genug Widrigkeiten, querte genau an der vorgesehenen Stelle die Abwasserleitung der Stadt Kloten das neue Becken. Da bedurfte es schon einigen Engagements bei allen Beteiligten, damit das Bauwerk fristgerecht in Betrieb gehen konnte.

Auf dem Flughafengelände liegt das Retentionsfilterbecken Ried­matt der Flughafen Zürich AG (FZAG). Hier wird unter anderem Wasser von den Pisten und Rollwegen des Flughafens filtriert und versickert. Seit 2005 wird ausserdem Oberflächenwasser der Nationalstrasse N11/60 eingeleitet, das auf einer Fläche von rund 2.5 ha anfällt. Mit dem Bau des neuen Stapelbeckens ausserhalb des Flughafen­areals an der Hangarstrasse ist es nun möglich, Wasser von weiteren 2.4 ha der Nationalstrasse dem Becken Riedmatt zuzuführen, wo es behandelt werden kann.

Anspruchsvoller Baugrund

Das neue Ölrückhaltebecken liegt in wassergesättigten und damit grundbruchgefährdeten Seeablagerungen. Ab ca. 16 m Tiefe folgt darunter eine kiesige Moräne mit artesisch gespanntem Grundwasser, dessen Druckniveau bis zu 2 m über der Terrainoberfläche liegt (artesischer Überdruck). Bei den Bauarbeiten war daher ein «Kurzschluss» mit ­einem freien Ausfliessen des Grundwassers unbedingt zu vermeiden. Um in der über 8 m tiefen Baugrube einen Sohlaufbruch zu verhindern, musste das gespannte Grundwasser während der Bauphase mittels dreier Kleinfilterbrunnen abgesenkt werden. Angesichts der engen Platzverhältnisse erforderte der Bau des Beckens einen vertikalen Bau­grubenabschluss. Zum Einsatz kam eine voll ausgespriesste, einvibrierte Spundwand aus 17 m langen ­Profilen.

Das aus dichtem Stahlbeton erstellte Ölrückhaltebecken weist ein Nutzvolumen von 40 m3 auf. ­Gespeist wird es durch ein Rohr DN 400, das im Regenwasserkanal unter der angrenzenden Fussgän­ger­unterführung installiert ist. Vor dem Bau des Stapelbeckens lief das Nationalstrassenwasser über diesen Regenwasserkanal in den Fluss Glatt. Vom Stapelbecken wird nun  das Wasser mittels zweier Pumpen  durch eine Druckleitung DN 280, die ebenfalls im Regenwasserkanal geführt wird, in das Retentionsfilterbecken Riedmatt geleitet.

Da der Kanal die Zollgrenze des Flughafens wortwörtlich ­un­tergräbt, eine unterirdische Übertretung dieser Art bei Zoll und ­Sicherheitsbehörden aber selbst­verständlich nicht toleriert wird, ­musste während der Bauarbeiten ein Gitter angebracht werden. Zudem bestand ein detailliertes, durch das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) geprüftes Sicherheitskonzept.

Lästige Leitung

Der Bau des Ölrückhaltebeckens respektive das Einbringen der Spundwände wurde durch die Lage der bestehenden Klotener Hauptentwässerungsleitung zusätzlich erschwert. Diese Leitung, ein Rohr mit einem Durchmesser DN 700, quert in einer Aussparung das gesamte neue Bauwerk und wird bei Regenwetter mit bis zu 400 l/s beaufschlagt. Die Option einer Anpassung der Linienführung hätte aufgrund des geringen  zur Verfügung stehenden Gefälles  zu einer Reduktion der hydraulischen Kapazität geführt und war daher nicht gegeben. Für die Erstellung der Spundwände und der Durchdringung des Baugrubenverbaus musste die Leitung während einer Nacht trockengelegt werden. Dies wurde durch die Nutzung eines Regenrückhaltebeckens der Stadt Kloten und den Einsatz einer leistungsfähigen Pumpe und von Saugwägen ermöglicht.  

Während der Realisierung des Beckens selbst hing die Entwässerungsleitung an einem auf den Spriessrahmen des Spundwandkasten aufgelegten Stahlträger, sodass ihr durchgehender Betrieb gewährleistet werden konnte.

Eingehende Überwachung

Der heikle Baugrund  und die engen Platzverhältnisse machten eine laufende Überwachung des Grundwasserspiegels und der angrenzenden Gebäude bezüglich Deformation und Erschütterungen nötig. Wie wichtig diese Massnahmen waren, zeigte sich schon in der Submissionsphase. Die beiden Schlüsselmandate Geologie/Grundwasserüberwachung und Vermessung/Bauwerksüberwachung wurden freihändig vergeben. Zur Gewährleistung einer kurzen Interventionszeit war aus Sicht der Bauherrschaft die Nähe zur Baustelle ein entscheidendes Beurteilungskriterium.

Auch aus der Vergabe der Baumeisterarbeiten geht hervor, dass der Baugrubensicherung und Wasserhaltung als Schlüsselleistungen Priorität eingeräumt wurde: Diese durften nicht an Subunternehmer ausserhalb des werksvertrag­lichen Anbieters delegiert werden. Es waren wohl diese Bauherrenvorgabe und das wirtschaftlich schwierige Verhältnis von Restrisiko zu Bauvolumen, die zu nur einer einzigen, jedoch qualitativ guten Baumeisterofferte führten.

Der Grundwasserspiegel konnte durch ein Abpumpen von etwa 90 l/s auf dem erforderlichen Niveau gehalten werden. Seine kontinuierliche Aufzeichnung erfolgte mit Daten­loggern. Beim Überschreiten von zuvor definierten Alarm- und Interventionswerten wurden die zuständigen Personen automatisch per SMS alarmiert. Wegen der extrem kurzen Interventionszeit von we­niger als einer Stunde bei einem ­Pumpenausfall wurden in der Spund­wand zusätzlich zwei Drai­nagerohre als passive «Notüber­läufe» installiert, die zu einem schadenfreien Überlaufen des Wassers in die Baugrube geführt hätten.

Zwischenfall beim Ziehen

Mit dem Abschluss der Auffüllungsarbeiten erfolgte der Rückbau der Spundwand. Trotz schrittweisem, vorsichtigem Vorgehen beim Ziehen  der Profile reagierte das neu erstellte Ölrückhaltebecken mit einer Setzung von über 100 mm unmittelbar und unerwartet stark. Entsprechend dem Arbeitsablauf wurde eine anfängliche Verkippung des Bauwerks beim Ziehen der übrigen Spundwandprofile wieder ausgeglichen. Das überraschende Ausmass der Setzungen dürften auf das Schlies­sen der sogenannten Ziehfugen ­(Dicke des Spundwandprofils mit anhaftendem Lehm) und auf vibrationsbedingte Konsolidierungen in den setzungsempfindlichen See­ablagerungen zurückzuführen sein. Die umgebenden Bauwerke blieben aufgrund ihrer vorhandenen Tiefenfundation, das neue Stapelbecken dank massiver Bauweise stabil. Schäden traten jedoch an der nun auf dem Becken liegenden Klotener Entwässerungsleitung auf. Diese musste daher in einer weiteren Nachtaktion über eine Länge von 20 m ersetzt werden.

Ziel zügig erreicht

Der Bauzeit von etwa einem halben Jahr ging eine Planungs- und Genehmigungszeit von ungefähr zweieinhalb Jahren voraus – gemessen an der Vielzahl der Beteiligten, der anspruchsvollen Aufgabenstellung und der zeitintensiven Planauflage ein Wert, der sich sehen lassen kann. Fristgerecht ging das Bauwerk vor dem Winter 2016 in Betrieb und in das Inventar des Astra über. Alles letztendlich also glatt verlaufen. Gut für die Glatt!

Am Bau Beteiligte
 

Bauherrschaft
Bundesamt für Strassen (Astra), Abteilung Infrastruktur Ost, Infrastrukturfiliale Winterthur
 

Kooperations- und Vertragspartner Bauherrschaft
Airfield Maintenance Flughafen Zürich
 

Betreiber Nationalstrasse
Kanton Zürich, Baudirektion/Tiefbauamt GEVII – Nationalstrassenunterhalt, Urdorf
 

Bauingenieurwesen
Pöyry Schweiz, Zürich; Basler & Hofmann, Zürich
 

Geologie, Hydrologie
Dr. H. Jäckli, Zürich
 

Unternehmung
ARGE GEP, c/o Specogna Bau, Kloten
 

Unternehmung Elektroausrüstung
REMTEC, Ziegelbrücke; ETAVIS, Zürich-Flughafen; Häny, Jona
 

Vermessung
Acht Grad Ost, Schlieren, in Zusammenarbeit mit CSD Ingenieure
 

Information und Kommunikation
kommpass pr, Schaffhausen
 

Weitere Beteiligte
Yaver Engineering, Zürich
F. Preisig, Zürich
Ecosafe Gunzenhauser, Kaiseraugst

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