Voy­eu­ris­ti­sche Ein­bli­cke

Publikationsdatum
02-02-2017
Revision
02-02-2017

Ich gebe es zu: Auf eine dreckige Art macht es Spass, die in diesem Buch versammelten Geschichten zu lesen. Unter dem Vorwand der Weiter­bildung – immerhin handelt es sich bei dem Autor um einen anerkannten Architekturkritiker – lässt es sich in abenteuerlichen Biografien schwelgen, deren eine Facette unter Umständen ein besonderes Haus ist. Als Protagonisten sind eher diejenigen zu betrachten, die einen Ort für irgendeine exzentrische Idee schaffen wollen, wie zum Beispiel ein Leben im Liegen. Ein französischer Lebemann wünschte sich dafür eine riesige Landschaft aus roten Kugeln. Das Modell, über das der Entwurf nicht hinausging, bewohnte jahrzehntelang der Architekt selbst. Die Häuser zwischen Rohbau und Ruine sind im Hinterland von Nizza zu bewundern.


Ein ganz anderer Beweggrund liess den Hedgefondsmanager Marc Dreier, der uns erst durch seinen tiefen Fall zu einem Begriff wurde, das sprichwörtliche Haus in den Hamptons bauen. In Anbetracht des Strandhauses gelangt Niklas Maak zu einer interessanten Erkenntnis: Je unwirklicher die Dinge sind, mit denen ein Geschäftsmann sein Leben finanziert, desto greifbarer müssen die Statussymbole sein, mit denen er sich umgibt. Schmuck, Kunst, Boot, Auto, Haus.


Für die Recherche hat der Autor ein paar beneidenswerte Reisen unternommen. Bisweilen traf er auf andere Spurensucher, die erst kurz nach ihm über einen Zaun gestiegen sind und ihn daher für den rechtmässigen Eigentümer hielten, bei dem es sich für das unerlaubte Eindringen zu entschuldigen galt. Um seltsame Häuser geht es also nur am Rand, sozusagen als Begleiterscheinung von Marotten und Lebensumständen. Vielleicht ist genau das eine gewinnbringende Erkenntnis für Architekten.

Angaben zur Publikation
 

Niklas Maak: Atlas der seltsamen Häuser und ihrer Bewohner. Hanser Verlag, München 2016, 256 Seiten,13 × 21 cm, gebunden, ISBN 978-3-446-25289-9, Fr. 31.90
 

Bücher bestellen:
Schicken Sie Ihre Bestellung unter Angabe Ihrer Postadresse an leserservice [at] tec21.ch (leserservice[at]tec21[dot]ch). Für Porto und Verpackung werden pauschal Fr. 8.50 in Rechnung gestellt.

Verwandte Beiträge