Vor 125 Jah­ren: Der Eif­fel­turm ist er­rich­tet

Viele Ingenieure träumten im 19. Jahrhundert davon, als erste einen 1000 Fuss hohen Turm zu bauen. Erst der Ingenieur und Unternehmer Alexandre Gustave Eiffel (1832-1923) machte den Traum wahr: Das Richtfest des 300-Meter-Turms fand am 31. März 1889 statt – rund sechs Wochen vor der Eröffnung der Weltausstellung in Paris.

Publikationsdatum
25-03-2014
Revision
01-09-2015

Am 6. Juni 1884 skizziert der Ingenieur und ehemalige Absolvent des Polytechnikums Zürich, Maurice Koechlin (1856-1946), den «Pylon de 300 mètres de hauteur»1. Er und Ingenieur Emile Nouguier (1840-1898), beide Mitarbeiter im Planungsbüro von Gustave Eiffel, hatten die Idee entwickelt. Bereits im September desselben Jahres melden sie das Projekt zum Patent an. Ein Jahr später konnte Eiffel den Vertrag mit den Behörden für den Bau unterzeichnen. 

Der Turm wächst

Die Fundamente für die vier Pfeiler des Turms wurden während der ersten Jahreshälfte 1887 betoniert. Die Montagearbeit an der eigentlichen Eisenkonstruktion konnte Ende Juni beginnen. Im März 1888 waren Pfeiler und Querträger der ersten Plattform auf 57.63m Höhe erstellt. Dies war die Grundkonstruktion, auf den der eigentliche Turm zu stehen kam. Anfang Mai war der Turm bereits bei der Höhe von 100m angelangt.

Am 14. Juli 1888, dem 99. Jahrestag der Französischen Revolution, war die zweite Plattform auf 115.88m erreicht. Bis auf 26m Höhe konnten diese Stützen mitsamt ihren ausfachenden Diagonalverstrebungen mit Zugwinden und Böcken montiert werden, danach wurden pro Pfeiler je drei mächtige Hilfsgerüste aus Holz erstellt. Nach Fertigstellung der ersten Plattform kamen dampfgetriebene Kräne zum Einsatz, die später auf die für die Aufzüge bestimmten Laufschienen mit dem wachsenden Turm nach oben geschoben wurden. 

Präzise geplant und gebaut

Der Aufbau des Turms bedingte ein millimetergenaues Ausrichten des Grundgerüsts. In zwei Pfeilerecken wurden unter den Stützenschuhen der Fundamente hydraulische Pressen eingebaut, mit denen sich die Konstruktion im richtigen Winkel ausrichten liess. Um die Querträger exakt horizontal zu legen, wurden auf die roh gezimmerten Hilfsgerüste mit Sand gefüllte Blechzylinder gesetzt und die Querträger darauf grob ausgerichtet. 

Um sie exakt in horizontale Lage zu bringen, genügte es, die unten an den Zylindern angebrachten Stöpsel zu entfernen und so viel Sand herausrinnen zu lassen, bis die Träger ihre definitive Lage erreicht hatten. Die beiden Pressen wurden nach dem exakt horizontalen Ausrichten des Grundgerüsts durch fixe Stahlkeile ersetzt. 

In den von Maurice Koechlin geleiteten Planungsbüros der Firma Eiffel wurden für die Arbeiten am Turm rund 700 Gesamtpläne und gegen 4000 Detailskizzen gezeichnet. Sauvestre und seine Architekten vervollständigten den Entwurf, rund zwei Dutzend Ingenieure und Techniker waren unter der Leitung Koechlins für Berechnungen und Planung verantwortlich. 

Die einzelnen Bauteile wurden in den Werkstätten in Levallois-Perret vorbereitet und von gegen hundert Arbeitern mit grösster Präzision zu den rund 18.000 unterschiedlichen Bauelementen gefügt. Die einzelnen Teile wogen bis zu 3 t. Nummeriert und mit entsprechenden Plänen und Anweisungen begleitet wurden sie per Pferdefuhrwerk zur Baustelle auf dem Champ de Mars in Paris gebracht. Das gesamte Gewicht der Turmkonstruktion beträgt 7300t, mit den Einbauten 10.100t. 

Zimmerleute des Himmels

Es waren nie mehr als 200 Compagnons (französische Zimmerleute) mit den Montagearbeiten beschäftigt. Die Arbeit bestand vor allem darin, die Teile zusammenzufügen und dabei 800.000 von den insgesamt 2.5 Millionen benötigten Nieten einzuschlagen. Korrekturen auf der Baustelle wurden nicht vorgenommen, höchstens wurde ab und zu ein nicht ganz passendes Stück zurück in die Werkstatt spediert.

Die Pariser nannten die in zunehmend schwindelnder Höhe beschäftigten Arbeiter «Les Charpentiers du Ciel» – die Zimmerleute des Himmels. Täglich neun und im Sommer bis zu zwölf Stunden dauerte der Arbeitstag. Ein tödlicher Unfall war zu verzeichnen.

Das Richtfest

Die rund hundert Personen, die sich am Nachmittag des 31. März 1889 auf dem Champs de Mars am Ufer der Seine in Paris versammelt hatten, um den Aufstieg im Gänsemarsch über mehr als 1700 Treppenstufen zu bewältigen, wagten sich längst nicht alle bis zum Ziel vor: dem Mast, an dem eine 7.5 x 4.5m grosse Trikolore zu hissen war, 300m über dem Boden auf der Spitze des «Tour de 300 mètres». 

Die Baukosten waren auf 6.5 Mio. Francs veranschlagt. Daran beteiligte sich die öffentliche Hand mit 1.5 Mio., das restliche Risiko trug die von Eiffel gegründete «Société Anonyme». Letztlich kostete das Bauwerk 7.5 Mio. Francs. Die Einnahmen für den Besuch des Turms während der Weltausstellung beliefen sich auf 6.5 Mio. Francs. 

Anmerkungen

  1. Die auf 6. Juni 1884 datierte Originalzeichnung des Projekts zum 300-Meter-Turm von Maurice Koechlin wird in der ETH Zürich aufbewahrt. Kurioserweise vermerkte er oben rechts den Hinweis auf eine «Echelle 1/50». Es handelt sich jedoch um den Massstab 1:500, er konnte wohl damals die Dimension dieser riesigen Konstruktion noch nicht verinnerlichen.

Der 300-Meter-Turm überlebt


Ursprünglich hatte Gustave Eiffel eine Konzession für 20 Jahre erhalten, um den Turm zu nutzen und zu amortisieren. Er kümmerte sich nach 1893 hauptsächlich um den wissenschaftlichen Nutzen des Baus. Sein Augenmerk galt insbesondere den Windströmen und Wind-Kräften – der Aerodynamik. Bereits 1889 hatte er eine Wetterbeobachtungsstation eingeplant. Da er nebst seinem Stadthaus in Paris auf dem Turm ein privates Studio eingebaut hatte, konnte er sich seinen Studien intensiv widmen. 1909 baute er ein Gebläse für Windmessungen zu Füssen des Turms, drei Jahre später eine grössere Einrichtung in der Rue Boileau, die bis dato in Betrieb ist.
1906 wurde eine ständige Funkstation im Turm installiert. 1910 wurde die Konzession um 66 Jahre verlängert. Im ersten Weltkrieg diente der Turm als Beobachtungsstation, um z.B. feindliche Zeppeline auszumachen, 1921 wurde die erste öffentliche Radiosendung über die Antenne des Turms ausgestrahlt.

Literatur


Über den Eiffelturm wurden zahlreiche Bücher publiziert. Das umfassendste, ein Werk in zwei Bänden, schrieb Gustave Eiffel selber: «La Tour de 300 mètres» – ein Band mit zahlreichen Plänen auf 53 doppelseitig montierten Tafeln und ein Textband mit acht Kapiteln zum Bauwerk. Die Bücher wurden 1900 in Paris von Lemercier auf Papier Velin in einer limitierten Auflage von 500 Exemplaren gedruckt. Die hier gezeigten Pläne stammen aus der Nummer 54, ehemals im Besitz des Autors dieses Artikels, jetzt in der Bibliothek der ETH aufbewahrt.

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