Von Bau­schä­den ler­nen

Herbsttagung Fachgruppe für Brückenbau und Hochbau (FBH) des SIA

Wie können Bauingenieure kollegial und ohne Beschuldigungen über das Thema Bauschäden berichten? Diese Gratwanderung haben planende Ingenieure und Materialwissenschaftler an der Herbsttagung der Fachgruppe für Brückenbau und Hochbau (FBH) Ende November erfolgreich gemeistert.

Publikationsdatum
10-12-2013
Revision
25-08-2015
Thomas Ekwall
MSc. EPFL Bau-Ing., MAS ETHZ Arch., Korrespondent TEC21

Die Tagung «Schaden, Unfälle – Entstehung», zu der die ETH Zürich am 22. November 2013 eingeladen hatte, sollte Ingenieure und Bauherrschaften in ihrem Bestreben unterstützen, Schäden an Tragwerken und daraus resultierende Unfälle zu vermeiden. Gastgeber waren Mario Monotti, Präsident der FBH, und Mario Fontana, Professor am Institut für Baustatik und Konstruktion (IBK) der ETHZ.

Theoretische Grundlagen und praktische Erfahrungen

Thomas Vogel, Professor am IBK, erläuterte der Begriff der Robustheit, der sich wie ein roter Faden durch diese Tagung zog.

In einer Einleitung zu den mathematischen Grundlagen des Sicherheitskonzepts wies Bruno Sudret, ebenfalls Professor am IBK, auf vollständig probabilistische Methoden für die Ermittlung der tatsächlichen Versagenswahrscheinlichkeit eines Bauteils hin. 

Für Carlo Galmarini, Mitinhaber des Ingenieurbüros Walt & Galmarini AG, ist eine globale Tragwerkanalyse für die Beurteilung der Robustheit unerlässlich. Geplante Massnahmen zur Vermeidung von Totalschäden infolge progressivem Kollaps können oft mit geringen finanziellen Mitteln realisiert werden. Kontrovers blieb die Aussage, dass statisch bestimmte Tragwerke im Sinne der Robustheit zu vermeiden seien. 

Am Beispiel des Durchstanzens von Einstellhallen erläuterte Aurelio Muttoni, Professor für Massivbau an der EPFL und Mitinhaber des Ingenieurbüros Muttoni & Fernández, den notwendigen Lernprozess um analoge, zukünftige Fälle auszuschliessen.
Grundlage dieses Lernprozesses bieten die fallspezifischen, unabhängigen Expertisen. Zwei Referenten der EMPA Dübendorf beschrieben die Vorgehensweise und Ergebnisse dieser Vorarbeit: Gabor Piskoty berichtete über die Feststellung des Kollapsvorgangs eines Stahldachs (der Dreifachturnhalle Riethüsli SG am 24. Februar 2009) anhand einer akribischen Untersuchung des Schadensbilds. René Steiger erläuterte die Einsturzursachen von Dachtragwerken aus Holz.

Zusammenfassend thematisierten die Teilnehmer aus konstruktiver Sicht insbesondere das Knicken und Beulen bei Stahlbauteilen, die Schweissnaht- und Holzklebeverbindungen, die Dachentwässerung und die Bauphysik bei Holz- sowie das Durchstanzen bei Betontragwerken. Bei der Planung sind vereinfachende Annahmen, der Umgang mit EDV-Programmen sowie eine gründliche Denkarbeit bei der Erstellung von Nutzungsvereinbarung und Projektbasis zu beachten. Für Bauherrschaften wurden auf die Änderung von Randbedingungen im Lauf des Projekts oder des Betriebs sowie auf die fehlende Bereitschaft zur Finanzierung von Robustheitsmassnahmen hingewiesen. Die Vergabe von Bauaufträgen in Teilleistungen mit unklaren Verantwortungen ist grundsätzlich zu vermeiden.

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