Sple­ndid In­su­la­ti­on

Kolumne

Publikationsdatum
19-08-2015
Revision
10-11-2015

Als ich noch ein ungarisches Kind war und in Budapest lebte, heizten wir unsere Einzimmer-Familienwohnung mit einem Kachelofen, den wir abends im Wintermantel einfeuerten. Später kauften meine Eltern einen kleinen Ölofen, dessen Wärme sich mit magischer Geschwindigkeit verbreitete. Das Schnauben der ersten Flamme und der Geruch der verschütteten Öltropfen sind mir bis heute in woh­liger Erinnerung geblieben.

Natürlich gab es auch privilegierte Wohnungen mit Zentralheizung. In Budapest sprudeln heisse Quellen, die nicht nur Thermalbäder speisen, sondern auch das Fernwärmenetz. Die Leitungen waren nicht isoliert. Wozu auch? Gefrieren und platzen konnten sie selbst in der ärgsten Kälte nicht.

Im Winter zeichnete sich ihr unterirdischer Verlauf am Boden ab, weil dort der Schnee schmolz. Wo sie nicht vergraben waren, heizten sie die Luft oder die Donau. Es lebte die staatlich verordnete Sorglosigkeit des Gulaschkommunismus.

Nach der Wende begann man, die Rohre zu isolieren und die reellen Heizkosten abzurechnen. Ganz wie im Westen, ökonomisch und öko­logisch korrekt. Doch seither streiten sich alle – Konsumenten, Politiker, Ökonomen und Umweltschützer: Lokales Wasser ist bald so teuer wie Erdöl vom Ende der Welt? Glücklich, wer heute ein Öfeli besitzt …

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