Ra­don: die un­ter­schätz­te Ge­fahr

Radon ist ein natürliches, radioaktives und krebserregendes Gas, das sich in Gebäuden akkumulieren kann. Seine Verbreitung und seine gesundheitlichen Auswirkungen wurden lange unterschätzt. In der Schweiz ist nun mit einer Reduktion des Radongrenzwertes zu rechnen. Bei richtiger Planung lassen sich erhöhte Radonwerte in Neubauten oder bei Instandsetzungen relativ leicht vermeiden bzw. beseitigen.

Publikationsdatum
14-02-2012
Revision
01-09-2015

Die Schweiz gehört hinsichtlich der Radonbelastung in Gebäuden gemäss Unter-
suchungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) neben Österreich und Skandinavien zu den Hauptrisikoländern. So schätzt die WHO, dass in rund 7 % der Wohnungen in der Schweiz die Radonkonzentration über dem heutigen Richtwert von 400 Bq/m3 liegt1, in Deutschland hingegen nur in 0.45 %. 
Gesundheitsgefährdende Verhältnisse kommen oft bei bestehenden Gebäuden vor und können nach energetischen Instandsetzungen sogar vermehrt auftreten: Eine dichte Gebäudehülle setzt den natürlichen Luftaustausch herab, sodass sich Radon in erhöhter Konzentration anreichern kann. 

Radon ist krebserregend

Radon entsteht durch den radioaktiven Zerfall von Uran, welches in geringsten Mengen im Untergrund vorhanden ist. Durch undichte Stellen in erdberührenden Böden und Wänden kann das unsichtbare, geruch- und geschmacklose Gas unbemerkt ins Innere eindringen. Mit der Atemluft gelangen das Radon respektive seine ebenfalls radioaktiven Zerfalls-
produkte Polonium, Wismuth und Blei in die Lunge und lagern sich dort ab. Beim Zerfall senden sie Strahlung aus, die das umgebende Lungengewebe schädigen und letztendlich Lungenkrebs auslösen kann. Radon ist in der Schweiz nach dem Rauchen die häufigste Ursache für Lungenkrebs.

Ganze Schweiz betroffen

Die geltende Gesetzgebung hat in der Strahlenschutzverordnung von 1994 den Grenzwert für eine obligatorische Instandsetzung auf 1000 Bq/m3 festgelegt. Für Neu- und Umbauten sowie bei Instandsetzungen gilt ein Richtwert von 400 Bq/m3, soweit dieser mit einfachen baulichen Massnahmen erzielt werden kann. Bisher wurde anhand von früheren Messungen das Radonrisiko der Gemeinden als hoch, mittel oder gering eingestuft. Gestützt auf neue epidemiologische Studien empfiehlt die WHO2, die Radonexposition so weit als möglich zu senken und den Wert von 300 Bq/m3 in Wohnräumen nicht zu überschreiten. Damit hat die Problematik eine landesweite Dimension erhalten. Messkampagnen in Kantonen mit bis anhin geringem bis mittlerem Radonrisiko führten zur Erkenntnis: Kantone ohne Radonprobleme gibt es nicht. Schweizweit muss mit erhöhten Belastungen gerechnet werden.
Als Reaktion auf diese neue Situation hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) einen nationalen Aktionsplan erarbeitet. Dieser sieht eine Senkung des Grenzwertes und die Berücksichtigung von Radon in den kantonalen Bauvorschriften vor. Durch die Reduktion des Grenzwertes auf 300 Bq/m3 ist in der Schweiz gemäss BAG mit einer Verzehnfachung der Massnahmen zum Radonschutz zu rechnen. 

Jedes Haus ein Einzelfall

Wie Untersuchungen zeigen, kann die Radonkonzentration selbst in benachbarten Häusern gleicher Bauart sehr unterschiedlich sein. Nicht die geografische Lage, sondern die individuellen Verhältnisse im Gebäude (natürlicher Luftwechsel, Undichtigkeiten im Fundamentbereich) und die lokalen geologischen Verhältnisse (Radongehalt, Durchlässigkeit) bestimmen die Radonwerte eines Gebäudes. Grundsätzlich gilt: Je besser die Gebäudehülle gegen das Erdreich abgedichtet ist, desto geringer ist das Radonrisiko. Für den Transport von Radon aus dem Boden ins Innere sorgt der Kamineffekt: Warme Luft, die im Haus aufsteigt, bewirkt im Keller und in den unteren Stockwerken einen leichten Unterdruck. Dadurch entsteht eine Sogwirkung, die Luft und mit ihr Radon aus dem Bauuntergrund nachströmen lässt. Der Kamineffekt unterliegt täglichen und jahreszeitlichen Schwankungen: Je grösser der Temperaturunterschied zwischen Innen- und Aussenluft, umso ausgeprägter ist er. Verlässliche Aussagen über die Radonbelastung in einem Gebäude können mit einer einfachen und kostengünstigen Radonmessung mittels Dosimeter (< 100 Fr. pro Dosimeter) getroffen werden. Die Messung sollte, wenn immer möglich, während der Heizperiode durchgeführt werden, da dann der Kamineffekt am ausgeprägtesten ist. 

Vorsorge bei Neubauten

Bei Neubauten ist es wichtig, bereits in der Planung Massnahmen zum Schutz vor Radon zu treffen. Ein optimaler Schutz ist erreichbar, wenn bei Neubauten auf Dichtigkeit gegenüber der Bodenluft geachtet wird: Eine durchgehende Bodenplatte, die auch vor Wassereintritt und aufsteigender Feuchte schützt, gehört heute zum Stand der Technik. Sämtliche Durchbrüche zum Erdreich müssen luftdicht abgedichtet werden. Naturkeller erfordern luftdichte Türen gegenüber dem Wohnbereich. Eine gut isolierte Abgrenzung zwischen Keller- und Wohnräumen ist auch aus energetischer Sicht sinnvoll. Als weitere Massnahme sollten Erdsonden nicht unter der Bodenplatte platziert werden. Auch falsch konzipierte Lüftungsanlagen können zu einer deutlich erhöhten Radonkonzentration in der Raumluft führen. Bei erdberührenden Wohn- und Aufenthaltsräumen sollten präventiv bauliche Massnahmen getroffen werden (z.B. Radondrainage), damit bei Bedarf radonhaltige Bodenluft unter dem Fundament abgeführt werden kann. Eine Kontrollmessung nach Bauende gibt Aufschluss darüber, ob eine aktive Absaugung der Bodenluft notwendig ist. 

Vorsicht bei instandsetzungen

Während im Neubaubereich die Verbindung von Radonschutz und Energieeinsparung relativ problemlos möglich ist, ist die Instandsetzung von Altbauten komplexer. Energetische Sanierungen verändern die Dichtigkeit der Gebäudehülle; so werden durch den Einbau dichter Fenster und Türen oder von Dampfsperren im Dachbereich die Druckverhältnisse und die Luftaustauschraten beeinflusst. Dringt radonhaltige Bodenluft nach den Umbauten nach wie vor über undichte Stellen ins Gebäudeinnere, kann es infolge des geringeren Luftaustausches zu einer Erhöhung der Radonkonzentration kommen. Daher sollte vor jeder Gebäudeinstandsetzung eine Radonmessung durchgeführt werden. Diese zeigt, ob weiterführende Dichtungs- und Lüftungs-
massnahmen umgesetzt werden müssen. Eine geringe Radonkonzentration gibt andererseits keine Garantie dafür, dass nach dem Umbau nicht doch erhöhte Werte auftreten. Eine weitere Messung nach dem Eingriff ist daher unerlässlich. 

Massnahmen bei Hohen werten


Falls in Wohnräumen der Radongrenzwert überschritten wird, müssen gemäss Strahlenschutzverordnung Massnahmen getroffen werden; Dringlichkeit und Umfang hängen dabei vom ermittelten Jahresmittelwert ab. Die dauerhafte natürliche Lüftung des Kellers eignet sich aufgrund des grossen Wärmeverlusts nur als Sofortmassnahme. Im Zentrum von Radonsanierungen stehen heute oft einfache bauliche Schritte wie die Arbeit mit den Druckverhältnissen parallel zu Abdichtungsmassnahmen (Leitungsdurchbrüche, Kellertüre). Mit dem Beizug einer Radonfachperson können in einem Gesamt-
sanierungskonzept die Vorteile der Energiesanierung mit der Radonvorsorge verbunden werden. 

Anmerkungen

  1. Abkürzung für Becquerel, das die mittlere Anzahl der Atomkerne angibt, die pro Sekunde radioaktiv zerfallen
  2. WHO handbook on indoor radon: a public health perspective, 2009

Weitere Informationen: www.ch-radon.ch

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