Ot­to Kolb – Ar­chi­tekt und De­si­gner

Kennen Sie Otto Kolb? So leitet die Kunst- und Architekturhistorikerin Rahel Hartmann Schweizer die Monografie über den Schweizer Architekten und Designer ein. Der Leserschaft von TEC21 ist sie als Redaktorin bekannt. Sie promovierte zum Werk von Otto Kolb, das vorliegende Buch ist eine Frucht dieser Arbeit. Höchst kenntnisreich führt sie in ein unbekanntes Werk ein, dessen Entdeckung lohnt.

Publikationsdatum
19-08-2013
Revision
06-11-2015

Heute ist Otto Kolb vergessen; seinen Zeitgenossen war der 1921 geborene und 1996 gestorbene Architekt und Designer unter dem Namen «Chicago-Kolb» sehr wohl bekannt. Kolb war nicht nur ein Grenzgänger zwischen den USA und der Schweiz, sondern auch zwischen den Disziplinen. Er dachte Architektur, Ingenieurbaukunst, Design, Musik und bildende Kunst als Einheit. Und er war ein Entwerfer, dem – avant la lettre – Nachhaltigkeit ein ­­grosses Anliegen war. Schon das rechtfertigt eine erneute Beschäftigung mit seinen Ideen.

Die besondere Bedeutung seiner Arbeit macht aber erst das reiche Netz von Bezügen und Zusammenhängen klar, das die Autorin aufgespürt und ans Licht gebracht hat. Im Zentrum steht das letzte seiner realisierten Projekte, die als Schlüsselwerk und Vermächtnis zu lesende Villa Kolb, die er von 1980 bis 1982 im zürcherischen Wermatswil erbaut hat. 

Die Villen der frühen James-Bond-Filme sahen so aus; allerdings ist Kolbs Opus magnum in ganz anderen Sinnzusammenhängen zu lesen. Hartmann Schweizer weist, basierend auf belegten Quellen, die Bezüge nach, die darin zu finden sind: zum Teatro Marittimo in Rom, zur Tholos von Epidauros, zum Munot von Schaffhausen, zu Urhütte, Tempel und Ruine. Sie zeigt Kolbs Umgang mit Materialien (eine Art Alchemie des Stoffwechsels), mit Farbgebung (Anleihen aus der konstruktiven Kunst) und mit Öffnungen (Bild und geliehene Landschaft).

Interessante Aspekte sind Kolbs Umgang mit Innen und Aussen und seine Hinwendung zur japanischen Architektur, der ein ganzes Kapitel gewidmet ist. Aus diesem Bezugssystem entsteht das Bild eines hochkomplexen Bauwerks, das als Essenz einer lebenslangen Auseinandersetzung mit verschiedensten Themen gelten kann.

Das Buch zeigt anhand von Designentwürfen, Projekten und ausgeführten Bauten eine Auswahl dieser Themen. Es folgt der Logik seiner Arbeitsweise und sprengt die Disziplinengrenzen von Design und Architektur. So erscheint zum Beispiel sein Hang zu akrobatischen Konstruktionen nicht nur in den Bauten, sondern auch in den Möbelentwürfen und den Leuchten. Kolb wirkt als Experimentator, Neuerer und Erfinder.

Zwischen seinem letzten Bau, der Villa Kolb, und seinem Erstlingswerk, dem Atelierbau von 1944 / 45 in Brüttisellen, liegen fast 40 produktive Jahre, die Kolb als Lehrer und als Architekt in den USA und ab 1960 wieder in der Schweiz verbracht hat. Allerdings ist das architektonische Werk relativ schmal geblieben. Grosser Erfolg dagegen war einer seiner Erfindungen beschieden, der Spindel-Norm-Treppe, die er sich 1965 patentieren liess und die er dann 30 Jahre lang produzierte und verkaufte.

Die Monografie stellt Kolbs Werk erstmals repräsentativ vor. Und sicher legt sie den Grundstein für eine weitere Auseinandersetzung mit seinen Arbeiten, vor allem dank des überaus reichen und dichten Textes, aber auch dank der umfangreichen Anmerkungen sowie des sehr nützlichen Anhangs mit Werkverzeichnis, Sach- und Personenregister. 

Besichtigung Villa Kolb
 

Am 19. und 26. September 2013 bietet sich die Gelegenheit, die Villa Kolb zu besichtigen. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe «Beton, Stahl und Glas. Bauten aus der Nachkriegszeit» finden zwei Führungen in Anwesenheit der Autorin statt.

Angaben zur Publikation
 

Rahel Hartmann Schweizer: Otto Kolb Architekt und Designer.
gta Verlag, Zürich, 2013. 280 Seiten, 277 Abbildungen. 22.5 x 30 cm. 
ISBN 978-3-85676-315-2. Fr. 82.–
 

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