Oben blau, un­ten grau

Rigi: Beliebtes Ausflugsziel

Zu Fuss, zu Pferd oder in einer Sänfte wagten die Besucher früher den Aufstieg zur Rigi. Die Zeiten sind hektischer geworden, die Menschen aktiver und ungeduldiger –diese Entwicklung geht auch an der «Königin der Berge» nicht spurlos vorbei.

Publikationsdatum
16-04-2015
Revision
06-10-2015

Früher ging man auf die Rigi, um den Sonnenaufgang am Morgen früh zu bewundern. Heute ist das perfekte Rigiwetter oben blau und unten grau: Über den Glarner, Urner und Berner Alpen scheint die Sonne, und das Mittelland liegt unter einem grauen Nebelmeer. Aber nicht nur prächtige Hochnebeltage locken bis zu 12.000 Besucher nach oben, ob mit der Luftseilbahn ab Weggis oder einer Zahnradbahn ab Vitznau respektive Goldau.

Typisch für einen Besuch des Voralpengipfels in der Zentralschweiz ist manchmal auch das Gerangel um freie Sitzplätze. Spätaufsteher finden manchmal keinen, weil sonst die Kapazität für eine zeitgerechte Rückkehr nicht mehr gewährleistet wäre. Abends dann das Abwarten eines Sonderzugs für die Talfahrt; denn kurz vor oder nach Sonnenuntergang wollen die vielen Tagesausflügler möglichst schnell wieder nach Hause. Bisweilen werden historische Triebwagen mit Holzbänken als spontane Reserve aus dem Depot geholt. Seit 140 Jahren transportieren die vereinigten Rigibahnen Gäste aus der ganzen Welt auf den Berg; die logistische Kunst ist mittlerweile, die Masse möglichst ohne Verzug hinunterzubringen.

Die Rigi nimmt ein Jahrhundert nach ihrer blühenden Tourismusära eine Sonderstellung ein. Zum einen werden (fast) alle anderen Berge männlich angesprochen, doch ihr kann kein Gipfel den Rang einer Königin streitig machen. Zum anderen ist sie nach wie vor eine der meistbesuchten Bergdestinationen der Schweiz. Unter anderem die Nähe zu Luzern und asiatische Pauschaltouristen sorgen für hohe Frequenzen: 1.3 Mio. Wanderer, Nordic-Walker, Natur- oder Schwingerfreunde, Skifahrer, Langläufer, Schlittler, Gleitschirmflieger und andere aktive Ausflügler tummeln sich jährlich auf der Rigi; nur Schilthorn, Pilatus, Corvatsch und der Gornergrat sind bei in- und ausländischen Touristen beliebter.

War der Rigibesuch für Pilgerreisende, Adlige, Schriftsteller, Musiker und gut betuchte Erholungsuchende ab Mitte des 18. bis zu Beginn des 20. Jh. ein alternativloses Vorhaben, ist der Konkurrenzkampf unter den bestens erschlossenen Fremdenverkehrsdestinationen und Alpenresorts heutzutage hart geworden: Geschäftsgang und Frequenzen hängen stark vom Wetter ab, und die Gäste sind ungeduldiger geworden: Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer wird kürzer, was vor allem der Hotellerie und der Wertschöpfung zu schaffen macht.

Wo andere Ausflugsberge mit Events, Hochseilparks und -brücken, Hüpfburgen und Openairs um die Gunst zahlen­der Gäste buhlen, versuchen die Manager des Rigi-Tourismus zusätzlich, aus der naturnahen Wanderregion, der Älplerfolkore und einem gehobenen Wellnessangebot Kapital zu schlagen. Mithilfe von Fördermitteln und günstigen Krediten des Bundes ist in den letzten Jahren eine regionale Vermarktungsorganisation entstanden und besonders das Beherbergungsangebot auf Rigi Kaltbad aufgefrischt worden. 

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