Neue Ar­chi­tek­tur in Süd­ti­rol

Die besten Bauten Südtirols der letzten sechs Jahre werden bis zum 6. Mai 2012 im «Haus der Sparkasse» in Meran gezeigt. «Neue Architektur in Südtirol 2006-2012» zeigt die Bandbreite der regionalen Bauaufgaben und dokumentiert die Entwicklung der Südtiroler Architekturszene.

Publikationsdatum
24-03-2012
Revision
01-09-2015

Allein der Ausstellungsort lohnt einen Besuch: Das «Haus der Sparkasse», ein denkmalgeschützter Bau in den Lauben von Meran, wurde 2000/2001 von den Meraner Architekten Höller & Klotzner instandgesetzt und zur Galerie für zeitgenössische Kunst umgebaut. Der Bau wurde während der letzten Ausgabe der Veranstaltung ausgezeichnet, die 2006 vom Verein Kunst Meran/o Arte und dem Südtiroler Künstlerbund (und ohne Beteiligung einer Architekturinstitution!) initiiert wurde. Sechs Jahre später folgt die Neuauflage, diesmal mit der Architekturstiftung Südtirol als Träger. Im Gegensatz zu 2006, wo die Ausstellung als Leistungsschau konzipiert war, hat sich die Intention geändert: In den letzten sechs Jahren hat sich auch in Südtirol der Fokus vermehrt auf die Nachhaltigkeit von Bauten gerichtet – allerdings, wie auch in der Schweiz, eher in wirtschaftlicher und technologischer Hinsicht denn in sozialer und kultureller. Mit der Ausstellung wollen die Macher «die poetische Dimension der Wirksamkeit [von Architektur] gegenüber technischer Effizienz» verstärkt würdigen.

Blick von aussen

Dafür wählte die international, aber bezeichnenderweise mit keinem Südtiroler besetzte Jury (s. Kasten) aus 280 eingereichten Projekten die 36 besten aus. Auswahlkriterien waren die Angemessenheit der Umsetzung und die Verortung der Bauten im geografischen, städtebaulichen und historischen Umfeld. Die Projekte bilden einen Querschnitt des Südtiroler Architekturschaffens der letzten Jahre und umfassen neben Wohngebäuden, Infrastrukturbauten, öffentlichen Gebäuden, Instandsetzungen auch denkmalpflegerische Massnahmen und eine Platzgestaltung. Den Einstieg in die Ausstellung macht ein Raum, in dem Zitate und Statements der Ausstellungsmacher sowie Zahlen zu Südtirols Bauentwicklung die konzeptuelle Einbettung der Projekte bildet. Ein Tisch mit Modellen einiger der ausgezeichneten Bauten steht sinnbildlich für die über 20 Mio.m3, die in den letzten Jahren in der Region verbaut wurden. Präsentiert werden die nach geografischen Regionen gruppierten Projekte anschliessend mittels Fotos, Plänen (in der Regel ein Grundriss), zum Teil auch mit Skizzen. Die beiden Städte Meran und Bozen sind mit der grössten Anzahl an Projekten vertreten. Landschaftsvideos von Giuseppe Tedeschi mit Statements von Projektbeteiligten erweitern den Blickwinkel über das Einzelobjekt hinaus, Kurator Flavio Albanese würdigt jeden Bau mit einem kurzen Projektbeschrieb.

Typisch südtirolerisch 

Was – im Gegensatz zum Bauschaffen in der Schweiz – auffällt, sind die wenigen Mehrfamilienhäuser, deren Gros offenbar nicht auszeichnungswürdig ist. Auch fehlen, und das überrascht in einer Region, die spätestens seit der letzten Ausstellung 2006 als architektonischer Geheimtipp gilt und in welcher der Fremdenverkehr einer der wichtigsten Wirtschaftszweige ist, die guten Bauten für den Tourismus. Vermutungen über die Ursachen finden sich im ergänzend zur Ausstellung erschienenen Katalog. Mit Essays von Flavio Albanese, Roman Hollenstein, Joseph Grima und Giuseppe Santonocito bietet die Publikation unterschiedliche Sichtweisen auf die baukulturelle Entwicklung der Region sowie zusätzliche Informationen zu den Projekten und den Projektbeteiligten. Sie lädt ein, auf Entdeckungsreise zu gehen und die vorgestellten Bauten selber zu erleben. Dabei klärt sich womöglich auch die Frage nach dem Spezifischen der Südtiroler Architektur – es könnte neben der besonderen geografischen, historischen und politischen Situation (gleichzeitig isoliert und zentral) die Offenheit sein, den Blick von aussen zuzulassen und sich mit diesem Urteil auch auseinanderzusetzen.

Beteiligte


Trägerorganisationen
Verein Kunst Meran/o Arte, Südtiroler Künstlerbund, Architekturstiftung Südtirol


Jury
Flavio Albanese (I), Vasa Perovi  (SLO)
Wolfgang Bachmann (D)
Bettina Schlorhaufer (A)
Annette Spiro (CH)


Kurator
Flavio Albanese und asa studioalbanese, Vicenza, in Zusammenarbeit mit ONLAB, Berlin 


Videos
Giuseppe Tedeschi

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