Ich habe den Baustellentourismus erfunden. Ja, das habe ich. Schon als Kind habe ich durch den Bauzaun beobachtet, was gebaut wird und wie, und mich am Wochenende, wenn keiner da war, am Ort des Geschehens selbst über den Fortschritt informiert.
Als Jugendliche habe ich «Baubegehungen» mit meinen Freunden veranstaltet. Es gibt keine bessere Aussicht auf die Stadt als von einem Hochhaus im Rohbau. Ohne störende Wände überblickt man frei alle Sehenswürdigkeiten. Im obersten Stock mit einem Bier auf den Sonnenaufgang warten, das ist Frühstück für Romantiker.
Mein 77-jähriges Grosi schleicht sich neuerdings ebenfalls gern auf Baustellen ein. Vor allem, wenn eine ihrer liebsten Geschäftsketten eine Filiale eröffnet, will sie diese als Allererste sehen. Davon berichtet sie dann stolz ihren Freundinnen.
Auch bei anderen Menschen bemerke ich immer öfter unsere Neugier. Aber der Klettergarten Baugerüst ist eher etwas für jüngere Semester. Und manche Leute sind tatsächlich zu brav, sich durch die angelehnte Tür selbst Zutritt zu verschaffen. Kann für uns Schaulustige nicht einfach an jedem Bauplatz ein Aussichtsturm bereitstehen? Und bitte zwei Bier, für mein Grosi und mich.
