Na­bel der Welt

Kolumne

Publikationsdatum
10-04-2014
Revision
10-11-2015

Ein regnerischer Samstag im Januar, das Tram quetscht sich durch die Basler Innenstadt zum Messeplatz. An diesem letzten Swissbau-Tag sind die Funktionäre, Politiker, Bauleiter und Gebäudetechniker weg. «An diesem Tag», hat mir der Vertreter einer Baufirma verächtlich gesagt, «kommen die mit dem Kinderwagen.»

In der Tat drängen sich mehrere Vertreter dieser Spezies im Tram. Neben mir versucht ein kosmopolitisches Architektenpaar, den dreijährigen Sohn für moderne Baukunst zu begeistern. «Regarde, mon chéri», setzt die Mutter theatralisch an, «voici la magnifique nouvelle halle de Herzog & de Meuron!» «Mais c’est magnifique», bestätigt Papa. Und weil ihm die Worte fehlen, ergänzt er: «It’s simply wonderful! Look at the façade!» Doch der Kleine klagt: «Je ne veux pas. Je veux aller au judo!» – Das Tram hält. Unter der grossen Öffnung versucht es Mama noch einmal: «Regarde, chéri, le grand trou …» Und Papa: «… like the belly button of the house!» 

Im Gedränge verliere ich die Familie aus den Augen, doch wenig später begegne ich ihr wieder. Das kulturelle Engagement der Eltern hat Früchte getragen. Der Kleine quengelt nicht mehr. Er hat T-Shirt und Pulli hochgekrempelt, läuft mit gesenktem Kopf und starrt auf seinen Bauchnabel.

Tags
Magazine

Verwandte Beiträge