Mut zur Begegnung
Kolumne
Die Häuser einer gewachsenen Stadt hocken nebeneinander wie die Städter selbst im Stadion oder in der Badi: Schulter an Schulter. Was aber geschieht, wenn ein Haus einen angemessene Abstand zu seinen Nachbarn wahren will? Es kann sich als Solitär platzieren, sich in aller Pracht zeigen und seine Kleider frei wählen.
Auf lange Sicht ist dieses Schicksal aber nur wenigen vergönnt, denn oft entscheidet die Stadt, einen noch schlimmeren Nachbarn dazwischenzustemmen. Das Haus wäre besser beraten, die Distanz als Brücke zu gestalten, und zwar mit Geschick und Empathie, damit sie einen eigenen Wert besitzt und somit legitimiert ist.
Eine solche Freundschaft geht nicht ohne Kompromisse ab, sie induziert Spannungen – sinnbildlich die Druckkraft in den Bögen, die zu gleichen Teilen von den zwei Protagonisten abgetragen werden. Schlussendlich aber erkennen sich beide Häuser in diesem dritten Gebilde wieder.
Eine Stadt ohne Bindeglieder gibt es nicht, sie sind höchstens schlecht gestaltet – und damit sind auch aufgesetzte Dachterrassen gemeint. Es ändert aber nichts an der Tatsache: Im Sinn einer verbindenden Baukultur sollten unsere Häuser mutiger werden – und sich durchaus mal die Hände reichen.