Mehr Be­geis­te­rung, bit­te!

Kolumne

Publikationsdatum
05-09-2014
Revision
10-11-2015

«Stopp! Hier ist es!» Die ganze Familie raus aus dem Auto und rauf auf den Hügel, wo wir – wie ich vorher möglichst verlockend erzählte – etwas ganz Spezielles finden würden. Der Hennebique-Kanal in Bitsch nahe dem Nordportal des Simplontunnels in Brig ist ein Zeitzeuge ebendieses Tunnelbaus. Die von den SBB 1898 errichtete Eisenbetonkonstruktion ist eine der ältesten Betonbauten dieser Art in der Schweiz und in grossen Teilen noch original erhalten.

Der Kanal leitete Wasser zur Kraftwerkanlage am Nordportal, wo es, in Strom umgewandelt, unter anderem dem Belüften des Vortriebsstollen diente. 3.2km lang ist er, und François Hennebique hat ihn geplant. Felsstürze im Gebiet beschädigten ihn oder zerstörten ihn abschnittweise. Nach dem Bau eines Freispiegelstollens 1948/49 wurde der Kanal ausser Betrieb gesetzt. Mit der nötigen Vorsicht kann man ihn heute als Wanderweg nutzen.

Also spazierten wir auf dem skurrilen Teil, das sich dem bewaldeten Hang entlang schlängelte. Ich mit Begeisterung. Und der Rest der Familie – Mann und drei Kinder – mit zunehmender Langeweile. Irgendwie war die Sensation und das Spektakuläre so wenig ersichtlich. Diese durchaus reizvolle historische Ingenieurbaukunst scheint ganz offensichtlich nicht jedermanns Sache zu sein. 

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