La­far­ge­Hol­cim Award für Nach­hal­ti­ge Kon­struk­ti­on

Ende September wurden im MuCem in Marseille die LafargeHolcim Awards 2017 für Europa verliehen. Der Fokus lag auf Projekten, deren Nachhaltigkeit über Einzelmassnahmen hinaus vor allem systemisch und spezifisch sind. Insgesamt elf Projekte wurden ausgezeichnet.

Publikationsdatum
09-10-2017
Revision
12-10-2017

Der mit 2 Mio. US-Dollar dotierte Wettbewerb richtet sich an Projekte überall in der Welt, die in den Gebieten Technologie, Umwelt, Sozioökonomie und Kultur über die übliche Definition von Nachhaltigkeit hinaus gehen. Bei der Beurteilung der Projekte halfen der Jury die fünf P-Pfeiler: progress, people, planet, prosperity und place. Mit dem Preis soll auf Projekte mit neuen, überraschenden und visionären Ansätzen aufmerksam gemacht werden. Einige der rund 792 eingereichten Projekte haben diesen Anspruch durchaus erfüllt.

Der erste Preis geht an zwei Projekte am Brüsseler Willebroek-Kanal, für den die Stadt einen übergeordneteen städtebaulichen Masterplan erstellt hatte. Beide Projekte schlagen vor, neue oder bestehende Infrastrukur- und Fabrikgebäude in die Innenstadt zu integrieren und sie nicht wie heute oft üblich an den Stadtrand zu verlegen. TETRA architecten führen mit ihrem Vorschlag die Bedürfnisse einer Abfallentsorgungsfirma und des sich entwickelnden Quartiers zusammen: Innerhalb eines riesigen Hofs um das Busparkhaus für die Müllabfuhrwagen bleibt Raum für öffentliche Nutzungen und einen kleinen Wald. Die Bau ist so konzipiert, dass er sich an neue Anforderungen anpassen und Raum für Entwicklung offen lässt. «Indem die Infrastruktur im Vordergrund steht, führt der Entwurf wirtschaftliche und ästhetische Überlegungen zusammen. So entsteht eine flexible Architektur, die aus Einschränkungen Qualitäten macht», lobte die Jury, zu der unter anderen Anne Lacaton von Lacaton & Vassal Architects, Paris, und Harry Gugger, Professor an der EPFL für Architectural & Urban Design Lausanne, gehören.

Das thematisch ähnlich ausgelegte Projekt von BC architects and studies in Brüssel integriert eine bestehende Betonfabrik in das sich stark entwickelnde städtische Umfeld am Kanal – und verhindert, dass industrielle Stadtsubstanz zerstört wird. Auch hier ist Durchlässigkeit zentral. «Die Spannweite architektonischer Massnahmen verleiht der Absicht, auf den ersten Blick Unvereinbares zu vereinen, Glaubwürdigkeit: die Koexistenz zweier eigentlich inkompatibler Funktionen», lobt die Jury.  

Das Projekt von ZEDpods aus London, das den Bronze Award erhielt, schlägt vor, über bestehenden, grossen Parkfeldern mittels vertikaler Etagen Wohnraum für Pendler, Studierende und andere Kurzaufenthalter zu schaffen. Diese sollen mit lokal produzierbaren Elementen, die sich schnell von ungelernten Arbeitern zu «Wohnungen auf Stelzen» zusammenfügen lassen, entstehen. Einmal mehr ist die Mehrfachnutzung von Raum bedeutend. Der Autor des Projekts habe «eine Architekturvision, die sozial verantwortbar, ökologisch sinnvoll und wirtschaftlich erschwinglich ist», befand die Jury.

Vier Projekte erhielten einen Acknowledgement Prize. Karamuk Kuo Architekten aus Zürich setzen bei ihrem Entwurf eines archäologischen Ausgrabungszentrums für römische Siedlungen in Augusta Raurica in Augst auf ein flexibles strukturelles System. Mit diesem liessen sich verschiedene Nutzungsmöglichkeiten auch an künftige Herausforderungen anpassen.

Auch in der Next-Generation-Kategorie wurden vier Preise vergeben. Sie richtet sich an Studenten und Berufsleute bis zum 30. Altersjahr und sucht nach visionären Projekten und mutigen Ideen. Ein Preis ging in die Schweiz an Frédéric Bouvier. Er plant eine Struktur, die das Löschen von Waldbränden in der Region Collobrières in Frankreich erleichtern kann und gleichzeitig als Memorial für die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Frankreich geholten algerischen Soldaten dient. Die unprätentiöse Verbindung der Funktion und des tieferen Sinns als Memorial ist bemerkenswert subtil umgesetzt.

 

Verwandte Beiträge