(Kein) Was­ser in der Stadt

6. Wassersymposium von Hansgrohe

«Stadtwasser –Wasserstadt» lautete das Thema des sechsten Wassersymposiums, zu dem Hansgrohe am 24. Oktober 2013 einlud. Die weltweit voranschreitende Urbanisierung mit ihren Folgen für die Trinkwasserversorgung, die Abwasseraufbereitung und die Wasserqualität waren ebenso Themen der Tagung wie der steigende Meeresspiegel und dessen Konsequenzen für die betroffenen Küstenstädte.

Publikationsdatum
31-10-2013
Revision
01-09-2015

UN-Prognosen gehen davon aus, dass im Jahr 2050 rund 70% der Weltbevölkerung in Städten leben. Aber warum ziehen die Menschen in die Stadt? Da sind zum Beispiel die seit langem bekannte Landflucht zu nennen und die fehlenden ruralen Chancen. Inzwischen hat aber auch das natürliche Bevölkerungswachstum in den Städten begonnen.

Die wichtigsten Gründe dafür sind gemäss Christoph Lüthi, Eawag-Sandec, Zürich, aber Arbeitsplätze und Bildungsmöglichkeiten. Er kam zum Schluss, dass sich die globale Urbanisierung nicht aufhalten lässt. Nun geht es darum, trotz der schnellen Verstädterung in wasserknappen Regionen ein menschenwürdiges und nachhaltiges Städtewachstum zu erreichen und den Ressourcenverbrauch zu verringern.

Stimmen die UN-Prognosen, sprechen wir von 6.3 Mrd. Menschen im Jahr 2050. Diese rasante Urbanisierung stellt Grossstädte und auch viele mittelgrosse Städte in Afrika, Asien und Lateinamerika vor die Frage: Reicht das Wasser? Das gilt für die Trinkwasserversorgung und die Abwasserbeseitigung gleichermassen. Roland Schertenleib, Eawag, Dübendorf, meint, «ja, das Wasser reicht – allerdings nur, wenn wir unseren Umgang damit ändern und neue Quellen erschliessen». Für ihn sind in diesem Zusammenhang die Technologien zur Trinkwasseraufbereitung auf der Haushaltsebene zentral. Wichtig ist auch der Schutz der Trinkwasserressourcen vor Verunreinigungen. Heute fliessen mehr als 80% des Abwassers aus urbanen Gebieten ungereinigt in die Umwelt. Die beiden Referate stimmten nachdenklich und lösten eine angeregte Diskussion aus.

Versiegelung trocknet Städte aus

Wolfgang Dickhaut, HafenCity Universität (HCU), Hamburg, erläuterte im Anschluss, dass die zunehmende Versiegelung die natürliche Wasserbilanz in den Städten stört: Der Abfluss steigt gegenüber der Verdunstung massiv an. Das heisst, bei Niederschlag verschwindet das Wasser umgehend im Gulli, was sich wiederum negativ auf den Grundwasserstand auswirkt. Die Folge: Städte trocken aus und heizen sich im Sommer stark auf. Sein Anliegen ist es, Wege hin zu einer dezentralen, langsamen Wasserbewirtschaftung zu finden und die vorhandenen Flächen, wie Plätze, Strassen, Gebäude oder Grünräume mehrfach zu nutzen. Da Wasser über viel ökologisches, klimabezogenes und gestalterisches Potenzial verfügt, sollte das zunehmend gelingen. Seine Beispiele zeigten, dass das Denken in Ableitungs- und Rückhaltestrukturen bereits begonnen hat. Bezüglich des Bestands kommt aber sicher eine grosse Aufgabe auf die Planer zu.

Lage spitzt sich zu

Die Referenten am Nachmittag beschäftigten sich mit der Frage: «Was macht das Wasser mit der Stadt ». Michael Schirmer, Gewässerökologe und Klimaforscher aus Bremen, analysierte dazu den fünften Zustandsberichts des Weltklimarats IPCC. Dieser besagt, dass bis 2100 weiterhin mit einem Temperaturanstieg um 2°C zu rechnen sei und bestätigt die Aussagen hinsichtlich Niederschlag: «Mehr wird mehr, wenig wird weniger, trocken wird trockener.»

Was das Steigen des Meeresspiegels betrifft, setzt sich der aktuelle Trend ebenfalls fort. Besonders Küstenstädte müssen reagieren. Akut gefährdet sind New Orleans, Dhaka, Bangkok oder New York, längerfristig auch Schanghai, Rio de Janeiro, London, Rotterdam oder Mumbai. Anhand von Beispielen zeigte Schirmer die Bedrohung von Städten am Meer, stellte denkbare Lösungen vor wie Deiche oder Sperrwerke, wies aber auch darauf hin, dass einzelne Städte Überlegungen anstellen, ob man eine drohende Überflutung in Teilen bewusst in Kauf nehmen wolle.

Eine Lösung der anderen Art präsentierte der Architekt Han Slawik (Hannover und Amsterdam). Er schlägt vor, sich mit dem Wasser zu arrangieren und es als Baugrund zu nutzen. Als Beispiel sei das IBA Dock ein schwimmendes Ausstellungs- und Bürogebäude genannt. Seine Vision: die schwimmende Stadt.

Download: Die mp3-Mitschnitte der Referate werden bis Ende 2013 unter www.hansgrohe.de zur Verfügung gestellt. 

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