Ja­pa­ni­scher Pa­vil­lon an der 13. Ar­chi­tek­tur­bi­en­na­le Ve­ne­dig

Wohnen auf den Trümmern

Publikationsdatum
29-08-2012
Revision
25-08-2015

Der Tsunami von März 2011 hat nicht nur das Atomkraftwerk Fukushima im Osten Japans zerstört und damit weltweit Diskussionen über den Ausstieg aus der Kernenergie ausgelöst. Er hat auch zehntausende Häuser zerstört und das Identität stiftende gebaute Lebensumfeld der lokalen Bevölkerung weitgehend vernichtet. Diese obdachlos gewordenen Menschen gilt es dringend unterzubringen; gleichzeitig sollen nicht nur Grundbedürfnisse befriedigt, sondern auch die Entstehung einer neuen Heimat ermöglicht werden. Mit Unterstützung von Wirtschaft, Privaten und Politik hat der international bekannte Architekt Toyo Ito deshalb das Programm «Architecture. Possible here  - Home-for-All» lanciert. Das Team besteht aus drei jungen Architekturschaffenden – Kumiko Inui, Sou Fujimoto und Akihisa Hirata – und dem Fotografen Naoya Hatakeyama, der selbst aus dem Katastrophengebiet stammt. Sie dokumentieren das zerstörte Gebiet, die Räumarbeiten und den Wiederaufbau; sie entwerfen Vorschläge für Wohnhäuser, die sie der Bevölkerung vorlegen. Gemeinsam diskutieren sie, was diese Architektur der Not leisten kann und soll – eine Frage, um die es letztlich immer geht, die sich in dieser Extremsituation jedoch auf sehr grundlegende Themen konzentriert und diese entsprechend verdeutlicht.

Im Pavillon sind die verschiedenen Arbeitsmodelle zu sehen, die im Rahmen dieses partizipativen Prozesses entstanden sind. Allen gemeinsam ist der Ansatz, eine Grundstruktur in Form eines Gebäudeskeletts zur Verfügung zu stellen, in dem sich das Familienleben einnisten kann; die Fassaden bleiben ebenso unbestimmt wie der städtebauliche Massstab. Der Kontext der zukünftigen Häuser ist als Fototapete an der Wand zu sehen: verwüstete Stadtlandschaften, Trümmerfelder, verödete Industriegebiete. Die präsentierten Modelle bedienen sich Materialien, die an das Unglück erinnern: krumme Holzstäbe, Styroporstückchen, Algen, das ganze liegen gebliebene Treibgut. Ebenso ist der Pavillon mit behauenen Holzstämmen bestückt, rohe Klötze dienen den Modellen als Podest. Unklar bleibt indes, ob diese Formensprache bei den Neubauten tatsächlich beibehalten wird oder ob sie lediglich dem Prozess der Traumabewältigung dient.

Ausstellung: Toyo Ito, Kumiko Inui, Sou Fujimoto, Akihisa Hirata, Naoya Hatakeyama

 

 

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