Is­rae­li­scher Pa­vil­lon an der 13. Ar­chi­tek­tur­bi­en­na­le Ve­ne­dig

Bauen in der Dauerkrise

Publikationsdatum
30-08-2012
Revision
25-08-2015

Der Jom-Kippur-Krieg hat Israels gesellschaftliche, ökonomische und politische Strukturen umgewälzt. Der Überraschungsangriff Ägyptens und Syriens im Oktober 1973, die Unterstützung Israels durch die USA, das Ölembargo der OPEC-Länder und die daraus folgende weltweite Energiekrise haben tiefe Spuren hinterlassen. Israel wurde zu einem Brennpunkt der Weltpolitik, wo die Interessen der Superblöcke offen aufeinanderprallten und sich die Spannungen des Kalten Kriegs entluden. Ein amerikanischer Staatssekretär hat Israel als unversenkbaren Flugzeugträger der USA in einem feindlichen Krisengebiet bezeichnet. Dass die Wahrnehmung des Territoriums, des Bauens und der Architektur sich unter diesen Umständen wandeln mussten, liegt auf der Hand. Hinzu kommt der kulturelle Einfluss der USA als überlebenswichtige Verbündete; mit den Worten der Kuratoren ausgedrückt, habe sich Israel «von einer genügsamen sozialistischen Gesellschaft in eine Hyperkonsumgesellschaft» transformiert. Die Ausstellung im israelischen Pavillon greift das Thema dieses Wandels auf.

Mit bissiger Satire und erfrischenden Einfällen nähert sich die Schau dem überaus komplexen Thema. Lustig ist etwa der Merchandise Shop, wo man etwa leere Ölfässer kaufen kann oder faltbare Siedlungen im Postkartenformat, um damit Gebiete nach Belieben zu besetzen. Doch in diesem Witz erschöpft sich der Beitrag leider auch. So unterhaltsam die Schau ist, so oberflächlich und einseitig bleibt sie letztlich. Das einzig wahrlich Böse, die USA, ist identifiziert und dem Spott preisgegeben; Zweifel oder gar Widerspruch sind nicht zu befürchten, denn hier richtet sich ein Team von Gleichgesinnten an ein ebensolches Publikum. Wie sich der beklagte Wandel der Architektur konkret manifestiert, wird nicht erläutert. Vertiefte Untersuchungen zu neuen Gebäudetypologien, städtebaulichen Mustern und Infrastrukturbauten oder zum Umgang mit dem gebauten Erbe der Gründungsjahre fehlen vollständig; ebenso eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie dieser Wandel im Einzelfall konkret zu werten sei. Das ist bedauerlich: Gerade in den letzten Jahren hat es zu diesen Themen deutlich vielschichtigere Beiträge gegeben.

Kuratoren Ausstellung: Erez Ella, Milana Gitzin-Adiram, Dan Handel
Künstler: Assaf Evron, Fernando Guerra, Florian Holzherr, Nina Pereg, Jan Tichy
Produktdesign: Tal Erez

Tags

Verwandte Beiträge