In luf­ti­ge Hö­hen und dunk­le Tie­fen

Das Tiefbauamt Bern feiert 2015 sein 150-jähriges Bestehen. Anlässlich des runden Geburtstags gibt es Führungen auf die Berner Hochbrücken und in das Kanalnetz der Altstadt. espazium/tec21 ging mit unter die Erde.

Publikationsdatum
09-04-2015
Revision
01-09-2015

Das Abwassersystem der Stadt Bern hat eine lange Tradition: Das erste Kanalstück wurde im 12. Jahrhundert bei der Nydeggburg (heutige Nydeggkirche) gebaut. Mit der Entwicklung Berns entstanden in der heutigen Altstadt die Ehgräben. Diese Abwasserkanäle führten offen zwischen den Häuserreihen hindurch und markierten die Grundstücksgrenzen. Davon leitet sich auch der Name ab: «Eh» bedeutet «Vertrag». 

Wie Bern wuchs auch das Kanalisationssystem. Anfangs wurden die Ehgraben täglich vom Bachmeister mit Wasser aus dem Stadtbach durchgespült. Doch nach zwei Typhus-Epidemien erliess die Stadt Bern 1875 die Kloakenverordnung. Die Ehgräben wurden überdeckt und permanent mit Wasser durchspült. 

Der Rathauskanal, der im Rahmen der Führung besichtigt werden kann, war früher der Ehgraben der Aarehalde und ist ein Werk aus dem 17. Jahrhundert. Er beginnt hinter dem Berner Rathaus und endet nach rund 300 Metern oberhalb des Spielplatzes Längmuur. 

Nach dem Gang durch den Rathauskanal begibt sich die Führung ins Pumpwerk Längmuur, das die Abwasser so weit anhebt, dass sie per Gefälle zur ARA in Bern-Neubrück transportiert werden. 

Dritter Programmpunkt ist die Tropfsteinhöhle im Klösterlistutz. Hier bohrte die Stadt 1944 einen rund 73 m langen Sondierstollen: Man wollte herausfinden, ob sich ein Luftschutzraum realisieren liesse. 

Trotz positiver Anzeichen stellte sich bald heraus, dass der Hang zu feucht war – so feucht, dass sich der Stollen nicht einmal als Lagerraum eignete. Ab 1945 wurde er verriegelt. 

Jahrzehntelang blieb er verschlossen, bis 1980 und 1990 Mitarbeiter des Tiefbauamts den Tunnel betraten – und eine Überraschung fanden. Das stark kalkhaltige Wasser hatte den Stollen in eine Tropfsteinhöhle verwandelt. 

Die Stadt Bern beschloss, den Ort der Öffentlichkeit zugänglich zumachen, entfernte altes Baumaterial und installierte eine Beleuchtung. Seither kann die Tropfsteinhöhle für Anlässe wie Hochzeiten oder Konzerte genietet werden, wird bei Führungen besucht und ist an der Museumsnacht geöffnet.

Impressionen zu Rathauskanal, Pumpwerk und Tropfsteinhöhle gibt es im Film.

Verwandte Beiträge