Himm­li­scher Strom

Publikationsdatum
10-06-2015
Revision
08-10-2015

Das Beispiel ist nicht neu: Die ökumenische Kirche Halden in St. Gallen wurde 2010 s­aniert, ihr Dach auf der Südseite mit Photovoltaikmodulen eingedeckt. Der Bau erhielt den Schweizer Solarpreis 2012 und ist in einschlägigen Kreisen ein Begriff.

Auch mich verfolgt die Erinnerung daran. Die Aussage der Jury, die Anlage genüge «den hohen ästhetischen Ansprüchen von Kulturbauten» und hebe sich wohltuend von «Pseudodenkmalschutz» ab, klingt schmerzhaft nach. Gemeint war, dass die PV-Module eine vollflächige Dachhaut bilden. Das ist zwar besser, als wenn sie lieblos aufgepappt wären – aber nicht viel.

Denn ursprünglich war dieses übergrosse zweiteilige Kirchendach, unter dem sich die Schwesterreligionen in Eintracht finden, nicht nur ein Schutz vor der Witterung, sondern auch ein Symbol für die Ökumene. Kein sehr subtiles Symbol, zugegeben – doch jetzt, ohne die Symmetrie, funktioniert es gar nicht mehr. War dieses Zeichen für religiöse Toleranz nicht mehr wert als 49 000 kWh/a? Gibt es in St. Gallen keine Lagerhallen, auf die man PV-Anlagen bauen könnte? Diese Zweifel muss ich endlich aussprechen, solange ich noch den Mut dazu habe. Gut möglich, dass der technische Fortschritt bald energieeffiziente Pellet-Scheiterhaufen für Ökoketzer hervorbringt. 

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