Ge­winn für die Na­tur trotz Über­bau­ung

Brünnen-Nord

Bei der Stadterweiterung Brünnen im Westen von Bern wurde ein zuvor landwirtschaftlich genutztes Gebiet in ein dichtes Stadtquartier umgewandelt. Dank einem parzellenübergreifenden Ökologiekonzept und finanziellen Anreizen nahm der ökologische Wert des Areals trotzdem zu.

Publikationsdatum
21-08-2014
Revision
18-10-2015

Das Gebiet Brünnen blickt auf eine jahrzehntelange Planungsgeschichte zurück. Ausgehend vom Entwurf einer grossräumigen und dichten Satellitenstadt, der der Ölkrise der 1970er-Jahre zum Opfer fiel, wurde das Planungsgebiet in mehreren Schritten verkleinert und Ende der 1990er auf die Fläche nördlich der Bahnlinie Bern–Neuenburg reduziert. Dort entstand ab 2004 ein neues Stadtquartier mit hoher Nutzungsdichte und einer Mischung aus Wohnbauten für rund 2500 Einwohner sowie Freizeit- und Einkaufseinrichtungen. 

Nach ökologischem Wert abgestufte Anreize

Mit der Überbauungsordnung wurden hohe Ansprüche an die Umgebungsgestaltung der Überbauung gestellt, die in ein übergeordnetes Ökologiekonzept einflossen. Um mit diesem Konzept trotz mehreren Bauherren eine ökologische Aufwertung zu erzielen, wurde die zugehörige Vereinbarung von allen beteiligten Bauherrschaften und den Fachstellen der Stadt Bern unterzeichnet. Hauptanliegen des Konzepts waren der Ersatz und die Neuschaffung von Naturwerten innerhalb des Bebauungsperimeters sowie die Vernetzung von Grünbereichen. Zur Finanzierung der ökologischen Massnahmen zahlten die Bauherrschaften Entschädigungsbeiträge für die Naturwerte, die durch die Überbauungen verloren gingen, in einen Ökologiefonds ein. Die Beiträge wurden nach ökologischem Wert abgestuft, d. h., der Verlust von einheimischen und artenreichen Naturelementen wie beispielsweise einer Trockenwiese hatte den höchsten Preis pro Quadratmeter zur Folge.

Im Gegenzug wurden die Bauherren aus dem Ökologiefonds für Ersatzmassnahmen entschädigt, die den Vorgaben und Ansprüchen des Konzepts entsprachen. Auch hier erfolgte eine Abstufung der Vergütungen nach dem ökologischen Wert einer Massnahme. Dieses System der finanziellen Anreize motivierte die Bauherrschaften, eine ökologische Umgebungsgestaltung mit anrechenbaren Elementen zu schaffen, um von den Auszahlungen durch den Ökologiefonds profitieren zu können. 

Als Grundlage für das Ökologiekonzept wurden vor der Überbauung eine Bestandsaufnahme der bestehenden Naturwerte gemacht, ihre ökologische Bedeutung und ihr finanzieller Wert festgehalten. Zum zweiten wurden mögliche Ersatzmassnahmen und wünschenswerte Standorte aufgelistet und hinsichtlich ihres ökologischen Werts und ihrer Vernetzungsfunktion priorisiert. Ein Vernetzungsplan vervollständigte das Konzept.

Umsetzung in Eigenverantwortung der Bauherren

Welche Massnahmen sie wo realisierten, bestimmten die einzelnen Bauträger selbst, und auch deren Umsetzung sicherten sie in eigener Verantwortung. Durch Ausrichtung der vielen Einzelmassnahmen an einem parzellenübergreifenden Ökologiekonzept wurde aber ein höherer ökologischer Nutzen erreicht. So konnte trotz verdichteter Bauweise und Landverbrauch der ökologische Wert der ehemals landwirtschaftlich intensiv genutzten, strukturarmen Fläche gesteigert werden. Zahlreiche ökologisch wertvolle Park- und Obstbäume wurden angepflanzt und eine weitaus grössere Fläche an extensiv bewirtschafteten Wiesen geschaffen als vor der Überbauung.

Interessant wird nun die weitere Entwicklung dieser Grünflächen und Naturelemente in den nächsten Jahren sein, die massgeblich von der Folgepflege und der entsprechenden Nutzung abhängt. 

*Sandra Schärer, BSc Umweltingenieurin ZFH; Heinz Kasper, Landschaftsarchitekt FH; Alan Müller Kearns, Dipl. Bauingenieur EPFL; Rolf Knuchel, Bauadministrator, alle: Emch Berger AG Bern

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