Geo­lo­gie be­stimm­te die op­ti­ma­le Li­nie

Aus den SIA-Berufsgruppen: Geologen am Gotthard-Basistunnel

Am Bau des Gotthard-Basistunnels wirkten Planer aus unzähligen Disziplinen mit. Eine zentrale Rolle übernahmen dabei – wie bei jedem Tunnelbau – die Geologen.

Publikationsdatum
28-04-2016
Revision
29-04-2016

Die Idee eines Basistunnels am Gotthard entstand bereits 1947. Ab den 1960er-Jahren wurden Geologen für die Wahl der Linienführung beigezogen. Es war bekannt, dass zwischen Erstfeld und Bodio auf 90 % der Strecke eine bautechnisch gute Geologie zu erwarten sei. Zwischen den einzelnen Felsmassiven liegen aber verschiedene Risikozonen. Für den Bau des Tunnels wurde daher nicht einfach die kürzeste Strecke gewählt. Vielmehr optimierte man die Linien­führung unter Berücksichtigung der Risikozonen, Gebirgsüberlagerung, Lage von Stauseen und Bautechnik (vgl. Grafik).

Zuckerförmiger Dolomitsand

Die Risikozonen waren dann im weiteren Projektverlauf Gegenstand eingehender Untersuchungen: Die sogenannte Piora-Zone und das Tavetscher Zwischenmassiv wurden in den Medien und der Politik ­seinerzeit teilweise sehr emotional diskutiert: Als sich 1996 bei einer Erkundungsbohrung innert zwei Stunden 4200 m3 Wasser und 1400 m3 zuckerförmiger Dolomitsand in den Sondierstollen Piora ergossen, kamen ernsthafte Zweifel an der Machbarkeit des Tunnels auf.

Erst 1998, ein Jahr vor dem offiziellen Baubeginn, stellten Geologen mit weiteren Erkundungsbohrungen fest, dass die Piora-Zone auf Tunnel­niveau trocken und bautechnisch wenig problematisch sein wird. Die Geologen prognostizierten aber nicht nur die Felsver­hältnisse. Vor dem Bau machten sie auch Angaben zum Wasseranfall, zur Felstemperatur, zur Asbestgefährdung und zur Verwertbarkeit von Ausbruchmaterial als Betonzuschlagstoff.

Während der Bau­arbeiten dokumentierten sie die Ausbruchverhältnisse und standen rund um die Uhr beratend zur Verfügung. Natürlich traten dabei einige Überraschungen auf, insgesamt aber konnten die Risikozonen dank den meist zutreffenden Prognosen effizient durchtunnelt werden. Die Piora-Zone war schon Ende 2008 von den Tunnelbohrmaschinen erfolgreich durchfahren worden. 

Inzwischen sind die Geologen weitergezogen. Ab Sommer werden vor allem die markanten Portalbauten sichtbar sein. Die Geologie selbst bleibt für den Schnellzug­reisenden hinter Beton verborgen. Immerhin ist der Zuckerdolomit der Piora-Zone bei der Alpe Tom, eine gute Wanderstunde über dem Ritom-Stausee, als kleiner Sandstrand sicht- und erlebbar.

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