Für Qua­li­täts- statt Preis­wett­be­werb

Vergaberecht

Am parlamentarischen Hearing der Kommission für Wirtschaft und ­Abgaben (WAK-N) zur Revision des öffentlichen Beschaffungsrechts (BöB) vertrat der SIA mit seinen Partnern den Standpunkt der Planer.

Publikationsdatum
15-06-2017
Revision
15-06-2017

Der Nationalrat wird in der Herbst- oder Wintersession als Erstrat das Geschäft der Totalrevision des öffentlichen Beschaffungswesens (BöB) behandeln. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben unter dem Vorsitz von Susanne Leutenegger Oberholzer bereitet wirtschaftspolitisch wichtige Vorlagen nun vor.

Dem SIA ist es gelungen, gemeinsam mit der AFöB (Allianz für ein fortschrittliches öffentliches Beschaffungswesen) und der usic (Schweizerische Vereinigung Beratender Ingenieurunternehmungen) im Kreis der geladenen Organisatio­nen am Hearing der WAK-N seine Position zum Thema vorzutragen. In seinem Statement unterstrich SIA-­Präsident Stefan Cadosch die Bedeutung der Revision für die Planer und die damit verbundenen Implikationen für die binnenwirtschaftlich bedeutsame Bauindustrie.

Cadosch forderte von den Parlamentariern, dass im Sinn der Interpellationen von Nationalrat Beat Flach und Ständerat Oliver Français im Vergabeprozess auf die Eigenheiten von intellektuellen Dienstleistungen wie Planungen Rücksicht genommen wird: Diese dürften nicht nach den gleichen ­Kriterien beschafft werden wie z. B. Büroartikel, sagte Stefan Cadosch. Denn sie wiesen «eine enorme Hebelwirkung auf die gesamte Wertschöpfungskette auf, indem bereits in der Planung durch Innovation und hohes Fachwissen erhebliche Einsparungen für die Umsetzung vorgenommen werden können». Anders gesagt: Das unter dem Preisdiktat erzielte «günstigste Angebot» eines Planers werde für die Bau­herrschaft und den Steuerzahler auf lange Sicht häufig weitaus teurer.

Daher gelte es, per Gesetz einen wirksamen Preis-Leistungs-Wettbewerb zu ermöglichen. Das populistisch beliebte Preisargument sei letztendlich ruinös für die Planungsbranche und weder im Interesse der Bauherrschaften noch der Öffentlichkeit, die einen Anspruch auf in jeder Hinsicht langlebige Bauwerke habe. Usic-Geschäftsführer und Rechtsanwalt Mario Marti formulierte anschliessend an Cadoschs Statement drei konkrete Verbesserungsvorschläge, die die Artikel 29, 38 und 41 des Revisionsentwurfs betreffen.

Zwingende Überprüfung auffällig tiefer Angebote?

So kritisierte er, dass der Text von Art. 29 des neuen BöB-Entwurfs das Kriterium Preis unnötig hervorhebe. Dieser solle nurmehr eines unter mehreren gleichrangigen Kriterien sein; zugleich solle es den Vergabestellen möglich sein, die Plausib­i­lität, also Auskömmlichkeit einer Offerte zu prüfen – um so unrealistisch tiefe Angebote ausschliessen zu können. Zudem müsse bei ungewöhnlich tiefen Angeboten zwingend eine Überprüfung der Unterangebote erfolgen, schlug er Bezug nehmend auf Art. 38 vor; bisher ist dies nur eine Kann-Bestimmung des Artikels.

Hinsichtlich des Artikels 41 plädiert er für eine veränderte Formulierung: Statt vom «wirtschaftlich günstigsten» Angebot, an das der Zuschlag zu gehen habe, schlägt Marti vor, künftig von der «vorteilhaftesten» Offerte zu sprechen. Dieser Begriff lasse eine breitere Anwendung der Zuschlagskritierien zu und erlaube auch Verfahren mit keiner oder nur niedriger Preisgewichtung, also einen reinen Qualitätswettbewerb.

Stefan Cadosch hatte nach Ende des Hearings den Eindruck, dass die Parlamentarier offene Ohren für die SIA-Anliegen hatten. Und er bekräftigte, dass der SIA die gesetzlichen Harmonisierungsbestrebungen der Behörden im Grundsatz nachdrücklich unterstütze: dies in der Überzeugung, dadurch den ­grassierenden Regulierungskosten entgegenzuwirken.
 

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