Fran­ken­schock für Wald und Holz: die Bran­che schlägt Alarm

Branchenvertreter der Wald- und Holzwirtschaft haben am 19. Februar in Worb über die aktuelle Lage nach der Kurskorrektur Euro-Franken informiert. Sie befürchten einen Abbau der derzeit 12'000 Arbeitsstellen in Waldwirtschaft und Rohholzverarbeitung. Grund dafür seien neben den Währungsverlusten beim Export vor allem die günstigen Importprodukte aus dem Euroraum.

Publikationsdatum
22-02-2015
Revision
01-09-2015

Gleich drei eidgenössiche Parlamentarier äusserten sich zu aktuellen Situation der Wald- und Holzwirtschaft in der Schweiz: Sylvia Flückiger, Präsidentin der Lignum (Holzwirtschaft Schweiz), Max Binder, Präsident von Waldwirtschaft Schweiz und Jean-François Rime, Präsident von Holzindustrie Schweiz und des Schweizerischen Gewerbeverbands. Sie stellten einen elf Massnahmen umfassenden Forderungskatalog vor, der sich an Bund und Kantone richtet und die betroffene Branche kurzfristig um rund 70 Mio. Franken entlasten soll (s. Kasten unten). Diese Mittel seien durch Umlagerungen bestehender Budgets von Bund und Kantonen aufzubringen. Die Branche selbst rechnet mit einem Ertragsausfall von geschätzten 165 Mio. Franken.

Kosten senken

In der Holzverarbeitung dominieren die Rohstoffkosten mit gut 60 %, gefolgt von Personal-, Transport- und Energiekosten. Dazu kommt, dass Holz als Industrieprodukt, anders als z.B. landwirtschaftliche Produkte, keinen Zollschutz an der Grenze geniesst. Nach dem 15. Januar 2015, dem abrupten Ende des Franken-Euro-Mindestkurses von 1.20 seien die Betriebe der holzverarbeitenden Industrie über die Bücher gegangen, um alle Kostenpositionen zu durchleuchten und Sparmassnahmen einzuleiten, die die Ertragsausfälle auf der Absatzseite kompensieren könnten. Mit neuen Budgets versuchen Waldwirtschaft und Holzindustrie, das Produktionsniveau zu halten, damit die Fixkosten im Rahmen und Stellen erhalten bleiben.

Die angepeilten Massnahmen betreffen die Kosten für den Rohstoff, für Transporte, für Infrastruktur und Holzernte im Wald sowie für Arbeit und Energie. Bereits am 21. Januar haben Waldwirtschaft und Sägeindustrie empfohlen, die Rundholzpreise um 10% zu senken. Dies entlaste die Holzverarbeiter um rund 20 bis 25 Mio. Franken jährlich, belaste aber gleichzeitig die Waldbesitzer im selben Mass mit Ertragsausfällen.

Wald und Holz befürchten Werkschliessungen

Die Wald- und Holzwirtschaft ist standortgebunden und könne kaum von günstiger gewordenen Vorleistungen aus dem Euroraum profitieren, wurde erklärt. Werkschliessungen in der Holz verarbeitenden Industrie sowie ein Abbau bei den Forstbetrieben und Einschlagunternehmen seien nicht auszuschliessen.

Die Branche will alle verfügbaren Register der Selbsthilfe ziehen – von der bereits erfolgten Senkung der Rohstoffpreise um 10 bis 15 % über betriebsinterne Massnahmen bis hin zu einem intensivierten  Marketing für das Produkt «Schweizer Holz». Doch sei es unabdingbar, dass Politik und Verwaltung umgehend die Rahmenbedingungen für Schweizer Wald und Holz verbessern. Dies machten alle drei Vertreter der Verbandsinteressen unmissverständlich klar. 

Klare Akzente für die Schweizer Wald- und Holzwirtschaft setzen

In der Frühjahressession 2015 sollen gezielte parlamentarische Vorstösse die Forderungen der Waldwirtschaft und Rohholzverarbeitung an die Politik bündeln. Als zentral werden Erleichterungen gesehen, die dazu beitragen, Aufwände zu vermindern und Kosten zu senken. So etwa soll die Walderschliessung auch ausserhalb des Schutzwalds unterstützt und vermehrte Beiträge an die Seilkranförderung vorgesehen werden. Das zulässige Gesamtgewicht beim Strassentransport von 40 Tonnen sei auf 44 Tonnen anzuheben und zudem sei ein befristeter Stopp für die LSVA (Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe)  ins Auge zu fassen.

Als entscheidend für das Überleben der Branche in der aktuellen Wechselkurskrise sehen die Verantwortlichen das Umlagern bestehender forstlicher Fördermittel zugunsten der Bewirtschaftung, der Anpassungsfähigkeit und der Stabilität des Walds. Ziel müsse es sein, die Holzernte nicht zu drosseln. Vorgezogenen Investitionen dürften wertvolle, mittelfristig kostenneutrale Synergien auslösen. So würden unabdingbare Waldpflege- und Erntearbeiten rechtzeitig sichergestellt. Diese trage entscheidend zum Überleben der betroffenen Betriebe und Unternehmen bei.

Gefordert ist zudem ein sofortiges und unbürokratisches Unterstützen des bereits angelaufenen Branchenmarketings für den heimischen Rohstoff aus dem Wald. Das seit 2009 bestehende «Herkunftszeichen Schweizer Holz» soll damit verstärkt ins öffentliche Bewusstsein dringen. Nicht zuletzt sollen Bund, Kantone und Gemeinden ihre Vorbildfunktion wahrnehmen und bei Bauvorhaben nicht bloss auf Holz, sondern ausdrücklich auf Schweizer Holz setzen.

Die 11 Forderungen der Branche

  1. Erhöhen des zulässigen Gesamtgewichts für Holztransporte von 40 auf 44 Tonnen.
  2. Das befristete Aufheben der LSVA für Rohholztransporte inklusive Leer- und Rückfahrten.
  3. Wiederaufnehmen der Walderschliessung ausserhalb des Schutzwalds als Fördertatbestand.
  4. Gewähren von Seilkranbeiträgen als Sofortmassnahme im Rahmen des Jahresbudgets 2015 von Bund und Kantonen.
  5. Vorgezogene Investitionen in die Waldpflege als Massnahme zur Krisenüberbrückung.
  6. Verschieben der Akzente bei den Fördermitteln von Bund und Kantonen auf holzernte-relevante Tätigkeiten und sofortiges Nutzen der Fördermittelbudgets 2015.
  7. Verstärktes Ausrichten der laufenden Waldgesetzgebungsrevision und der Wald-Programm-Vereinbarungen 2016-2019 auf wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Waldwirtschaft.
  8. Rahmenbedingungen für eine bessere Vermarktbarkeit von Nicht-Holz-Waldleistungen.
  9. Verstärktes Betonen der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit bei der Beratung der Waldeigentümer durch die Forstbehörden.
  10. Unterstützen der Werbemassnahmen der Branche für Schweizer Holz.
  11. Verwenden von Schweizer Holz bei der öffentlichen Beschaffung.

Zusatzinformation
Die Medienorientierung fand im Werk des grössten Rundholzverbeiters des Kantons Bern statt, der Firma Otto Lädrach AG in Worb.  Die ausgedehnte Anlage mit ihren kostenintensiven Installationen führte eindrücklich vor Augen, dass ein solcher Betrieb seine Tätigkeit nicht einfach verlegen kann. Und auch nicht will, denn in den beiden Sägereibetrieben wird ausschliesslich Holz aus der Region (Bern Mittelland und Berner Oberland) verarbeitet. Die alteingesessene Firma ist mit zwei Sägereien, einem Hobelwerk und einer Holzhandelsfirma an drei Standorten im Mittelland, dem Emmental und im Berner Oberland breit aufgestellt. Mit 145 Mitarbeitenden werden jährlich rund 70 Millionen Franken Umsatz erwirtschaftet.
Ende Januar musste das Unternehmen die Notbremse ziehen und den Export in den Euroraum bis auf Kontaktmengen von einem Tag auf den andern einstellen. Ein solches Exportgeschäft ist unter dem Frankenschock zum Verlustgeschäft geworden.

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