Fisch­trep­pen för­dern den ge­ne­ti­schen Aus­tausch

Neue Studie des Wasserforschungsinstituts Eawag

Wasserkraftwerke, Wehre und Wasserfälle sind für Fische oft unüberwindbare Hindernisse. Das kann die genetische Struktur der separierten Populationen stark beinträchtigen. Nun wurde untersucht, ob und wie stark Fischtreppen diesen Negativeffekt mildern. Ein Forschungsteam der Eawag konnte anhand der Fischart Alet nachweisen, dass Aufstiegshilfen für Fische den genetischen Austausch zwischen verschiedenen Populationen tatsächlich fördern. Ganz beheben können sie die Auswirkungen der Barrieren nicht. 

Publikationsdatum
08-01-2016
Revision
08-01-2016

Der Alet oder Döbel (Leuciscus cephalus) gehört zu den häufigsten Fischen in Schweizer Gewässern, doch in der breiten Öffentlichkeit ist er nahezu unbekannt. Dabei kann man diesen Weissfisch aus der Familie der Karpfenartigen, der 40 bis 50 Zentimeter lang wird, in Ufernähe oft beobachten. Ökonomisch ist er uninteressant, denn sein Fleisch enthält viele Gräten, was ihn zu einem Glücksfall für die Wissenschaft macht.

Bisher hat man in den Schweizer Gewässern kaum Alets ausgesetzt, dadurch ist seine genetische Populationsstruktur nicht verfälscht worden. Er ist damit ein ideales Modell, um zu untersuchen, inwiefern Fischtreppen bei Flusskraftwerken und anderen Hindernissen den genetischen Austausch zwischen den örtlich getrennten Populationen fördern. Zudem zeigt diese Fischart während der Laichzeiten ein ausgeprägtes Wanderverhalten, und der Alet ist der einzige Fisch, von dem man weiss, dass er sämtliche, technisch teils sehr unterschiedlichen Fischtreppen in Aare, Limmat, Reuss und Rhein benutzt.

Im untersuchten Rheineinzugsgebiet, befinden sich 37 Wasserkraftwerke, zwei Wehre und der Rheinfall. Sechs der künstlichen Hindernisse waren zum Zeitpunkt der Probenahmen nicht mit einer Aufstiegshilfe für Fische ausgestattet. Aus statistischen Gründen haben die Forscherinnen und Forscher an 47 Stellen Proben genommen. Pro Probestelle holten sie in der Regel rund 50 Alet mithilfe von Elektrofischerei aus dem Wasser. Die Tiere wurden sanft betäubt, vermessen und nach der Entnahme einer kleinen Gewebeprobe von der Schwanzflosse wieder in die Freiheit entlassen.

Aus früheren Untersuchungen weiss man, dass unüberwindbare Hindernisse die genetische Populationsstruktur von Fischen stark beeinträchtigen. Im schlimmsten Fall kann die Isolation zum Aussterben einer Population führen. Immer mehr Kraftwerke und andere Hindernisse werden daher mit Fischtreppen für Fische ausgestattet. Bekannt ist, dass viele Fische diese Aufstiegshilfen benutzen, nicht jedoch, ob sich Fischtreppen positiv auf die Verbindung und die genetische Diversität von Fischpopulationen auswirken.

Anhand der genetischen Untersuchungen konnten die Forscherinnen und Forscher jetzt aufzeigen, dass die Fischtreppen den genetischen Austausch tatsächlich verbessern. Eine künstliche Barriere ohne Fischtreppe wirkt sich ähnlich stark auf die genetische Differenzierung der Fische aus wie eine Distanz von rund 100 Kilometern in einem unverbauten Fluss. Bei den Barrieren, die mit Fischtreppe ausgestattet sind, liegt das Äquivalent dagegen nur bei rund zwölf Kilometern.

Mit Blick auf andere Fischarten erhält dieser Befund zusätzliches Gewicht, denn viele von ihnen können die Fischtreppen schlechter überwinden als der Alet und sind dadurch stärker von der Fragmentierung betroffen.

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