Ent­wurf Struk­tur Er­fah­run­gen

Schnetzer Puskas Ingenieure sind fachkompetente, leidenschaftliche Grenzgänger – mit sichtbarem Erfolg. Eine Monografie beleuchtet Werk und Denkweise der Büroinhaber.

Publikationsdatum
16-01-2014
Revision
13-10-2015
Thomas Ekwall
MSc. EPFL Bau-Ing., MAS ETHZ Arch., Korrespondent TEC21

Mit der Ausstellung «Entwurf Struktur Erfahrungen» würdigte das Institut für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) der ETH Zürich vergangenen Herbst erstmals ein Ingenieurbüro mit einer monografischen Ausstellung. Diese erfreuliche Ausnahme kommt nicht aus heiterem Himmel. Viele Zeugen der zeitgenössischen Baukultur werden unter der technischen Federführung der Büroinhaber Heinrich Schnetzer, Tivadar Puskas und Stefan Bänziger realisiert: die Elbphilharmonie in Hamburg (seit 2007), das CaixaForum in Madrid, der Messeturm und die Erweiterung des St. Jakob-Parks in Basel (2005–2008) sowie das Actelion Business Center in Allschwil (2007–2010) (Architektur jeweils Herzog & de Meuron). Zur Ausstellung entstand eine Begleitpublikation, die als eigenständig wahrgenommen werden darf und weit über die Ausstellung hinausgeht.

Das Buch ist analog der facettenreichen Tätigkeit von Schnetzer Puskas Ingenieure in neun thematische Schwerpunkte gegliedert, mit dem Fokus auf Bautypologien (Hohe Häuser), besondere Zusammenhänge (Struktur und Fassade) oder Prozesse (Entwicklung von Tragkonzepten). Jedes Thema beginnt als Konversation zwischen Aita Flury1 und den drei Büroinhabern. Anschliessend beleuchten kurze Essays der zuständigen Ingenieure die besonderen Merkmale von 27 repräsentativen Bauprojekten. Externe Beiträge2 von Fachkollegen, Architekten und Professoren bereichern diese Auseinandersetzung. Zum Schluss werden statische Modelle, Ausführungspläne, Bilder der Montage und Fotos der vollendeten Werke gezeigt und miteinander in Bezug gesetzt.

Tragwerk greifbar gemacht

«Entwurf Struktur Erfahrungen» bietet durch die abwechslungsreichen diskursiven Ebenen eine spannende und lehrreiche Lektüre: Architekten und interessierte Laien erhalten einen Einblick in ingenieurspezifische Denk- und Arbeitsweisen, Bauingenieure finden aussergewöhnliche konstruktive Lösungen und eine inspirierende Deutung des eigenen Berufs. Die persönlichen Äusserungen der Ingenieure zu ihrer gesellschaftlichen und sozialen Verantwortung und die kritische Auseinandersetzung mit verwandten Gebieten wie Architektur, Denkmalpflege und Ingenieurausbildung beleben die projektbezogenen, harten Fakten. Bedauerlich ist, dass die Bildlegenden nicht eine stärkere didaktische Rolle wahrnehmen, trotz der teilweise komplexen Abbildungen und Zusammenhänge.

Die Publikation ist ein wichtiges Zeugnis zeitgenössischer Tragwerksplanung. Dabei zeigt sich auf exemplarische Weise, wie sich der Ingenieur wegbewegt von der ausschliesslichen Rolle des Statikers hin zu der eines vollwertigen Partners des Architekten in der Gestaltung unserer bebauten Umwelt. 

Anmerkungen

  1. Die Herausgeberin kuratierte 2006 die Ausstellung «Dialog der Konstrukteure» im Architekturforum Zürich und publizierte dazu: «Kooperation. Zur Zusammenarbeit von Ingenieur und Architekt», Basel 2012.
  2. Autoren: Aita Flury, Quintus Miller, Daniel Meyer, Jürg Conzett, Harry Gugger, Christian Menn, Marcel Baumgartner.
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