Ein­fa­che mo­der­ne Holz­ver­bin­dun­gen

Im modernen Holzbau spielen Verbindungen, die ohne Klebstoff und Metallteile ausgeführt sind, eine wichtige Rolle. Am Institut für Baustatik und Konstruktion der ETH Zürich werden neue Ansätze für Knoten entwickelt, die weitgehend ohne metallische Komponenten auskommen.

Publikationsdatum
06-11-2013
Revision
30-10-2015

Die Verbindung von einzelnen Bauteilen ist eine der ältesten und grössten Herausforderungen im Holzbau. Heute können mit metallischen Verbindungsmitteln (wie Stabdübel, Schrauben und Nägel) und mit Klebstoffen (beispielsweise eingeklebte profilierte Stahlstäbe) sehr flexible und leistungsfähige Verbindungen erstellt werden. Verbindungen mit aussenliegenden metallischen Platten erreichen jedoch in der Regel nur einen geringen Feuerwiderstand. Verbindungen mit eingeklebten profilierten Stahlstäben erfordern eine sehr sorgfältige Ausführung und Qualitätssicherung. Einfache Holzverbindungen ohne metallische Verbindungsmittel und Klebstoffe können interessante Vorteile für verschiedene Anwendungen bieten.

Holz auf Holz

Bei einfachen Holzverbindungen werden die Kräfte allein durch Kontaktverbindungen (Reibschluss, Formschluss) übertragen. Dies führte in historischen Konstruktionen teilweise zu sehr komplexen Verbindungsstrukturen. Die Komplexität der Verbindungen ist dabei vor allem eine Folge der geringen Festigkeit und Steifigkeit des Holzes senkrecht zur Faser und auf Schub. Von der Vielzahl an einfachen Verbindungsarten sind nur die effizientesten für den modernen Holzbau relevant. Bei der Wahl der Verbindungsart für einen ökonomischen Bauprozess ist neben einer vorteilhaften Übertragung der Kräfte und dem Erreichen des erforderlichen Tragwiderstands auch der Fertigungsaufwand ausschlaggebend. Mit dem Einzug computergesteuerter vollautomatischer Abbundanlagen in den modernen Holzbau konnten die klassischen Verbindungsarten weiterentwickelt und neue gefunden werden.

Stoss und Versatz

Die einfachste und effektivste Verbindung zweier Bauteile kann bei Druckbeanspruchung auch im modernen Holzbau über einen einfachen Kontaktstoss geschaffen werden. Zwischenlagen aus Hartholz oder Holzwerkstoffplatten ermöglichen bei stirnseitigen Anschlüssen eine gleichmässige Beanspruchung der Bauteilquerschnitte und vergrössern bei einer Krafteinleitung rechtwinklig zur Faserrichtung die Kontaktfläche. Daneben wird für die Krafteinleitung von geneigten Bauteilen nach wie vor der geneigte Stoss und der Versatz angewendet, wie sie auch in der Norm SIA 265:20121 beschrieben sind. Ein Vorteil des Versatzes sind die selbstzentrierenden Eigenschaften. Je nach erforderlichem Anschlusswinkel der Bauteile können verschiedene Versatzarten gewählt werden. Besonders bei Versatzarten für kleine Anschlusswinkel muss die erforderliche Passgenauigkeit berücksichtigt werden, weshalb sich vor allem der einfache Versatz behauptet hat.

Zapfen für Zug und Schub

Die Übertragung von Zug- und Schubkräften ist eine besondere Herausforderung im Holzbau. Im Fachwerkbau wurden dafür traditionell Zapfenverbindungen verwendet. Computergesteuerte vollautomatische Abbundanlagen führen im modernen Holzbau die aufwendige Herstellung von Zapfen und Zapfenloch aus. Infolge der grossen Querschnittschwächung im Bereich des Zapfens tritt bei dieser Verbindungsart eine Spannungskonzentration auf, die wegen der erhöhten Rissgefahr zu einer deutlichen Reduktion des Tragwiderstands führt.2 Zapfenverbindungen sind daher nur für gering beanspruchte Bauteile geeignet.

Eine Weiterentwicklung des klassischen Zapfenanschlusses ist die Schwalbenschwanzverbindung. Die detaillierte Ausbildung ist in einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung3 beschrieben, die die Bestimmung des Tragwiderstands erlaubt. Durch die konische Form der Kontaktflächen können sowohl Schub- als auch Zugkräfte übertragen werden. Darüber hinaus sorgt die Keilwirkung für eine Selbstzentrierung der Verbindung. Darum eignet sich die Schwalbenschwanzverbindung für eine Vielzahl von Anwendungen.

Vorgespannte Knoten

Die Entwicklung weiterer einfacher Verbindungen ist noch nicht abgeschlossen. Im Rahmen  eines laufenden KTI-Forschungsprojekts werden am Institut für Baustatik und Konstruktion der ETH Zürich in Zusammenarbeit mit der Firma Häring & Co AG neuartige vorgespannte Träger-Stützen-Knotenverbindungen untersucht, mit denen sowohl Normal- und Schubkräfte als auch Momente übertragen werden können4, 5. Die Kraftübertragung findet grösstenteils durch Reibung in der Kontaktfläche statt. Das Spannkabel ist allein für die Aufbringung der Presskraft erforderlich und sorgt zudem für ein vorteilhaftes Verhalten bei Beanspruchung durch horizontale Kräfte, beispielsweise infolge Wind oder Erdbeben. 

Durch die kontinuierliche Entwicklung und Anpassung von Verbindungsgeometrien und Fertigungsmethoden an den jeweiligen Stand der Technik kann im modernen Holzbau eine Vielzahl von einfachen Verbindungen geschaffen werden, die auch ohne zusätzliche Verbindungsmittel eine optimale Verwendung des Baustoffs Holz ermöglichen.

Anmerkungen
1 Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIA: Norm SIA 265:2012 – Holzbau. Zürich 2012.
2 R. Jockwer, R. Steiger, A. Frangi: «State-Of-The-Art Review on Approaches for the Design of Timber Beams with Notches», in: Journal of Structural Engineering 2013.
3 Deutsches Institut für Bautechnik (DiBt): Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Z-9.1-649. Schwalbenschwanz-Verbindung in Bauteilen. Berlin 2012.
4 F. Wanninger und A. Frangi: «Experimental Analysis of a Post-tensioned Timber Connection», in: S. Aicher, H. W. Reinhardt und H. Garrecht, Materials and Joints in Timber Structures, Bd. 9, S. 57–66. Springer Netherlands, erscheint 2014. 
5 Forschungsprojekt des IBK in Zusammenarbeit mit der Firma Häring & Co. AG.

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