Die Krux mit dem Ide­al

Kolumne

Publikationsdatum
17-06-2015
Revision
28-04-2017

Aus aktuellem Anlass beschäftigte ich mich kürzlich wieder einmal mit Le Corbusiers Proportionssystem «Modulor». Die von «Corbu» in den 1940er-Jahren entwickelte Skala leitet das architektonische Mass vom menschlichen Körper ab – in diesem Fall von einer 1.83 m grossen Person. Le Corbusier, selber ja eher bescheiden geraten, bezog sich auf die damalige Durchschnittsgrösse eines US-Amerikaners. Die neue Weltmacht erschien
ihm als Inbegriff des Fortschritts. 

Ende Mai also der Praxistest: Aus­gerüstet mit hohen Absätzen bin ich in Idealgrösse auf dem Weg zum World Interiors Day im Centre Le Corbusier / Museum Heidi Weber. 

Und staune: Während der Pavillon vor allem im zweistöckigen Teil schön luftig wirkt, erscheint die Normraumhöhe von 2.26 m (das Modulor-Mass für eine Person mit ausgestrecktem Arm) mancherorts fast bedrückend. Mal ehrlich – wer möchte in einem Gebäude gern die Decke berühren können  ­Frappant wird es bei den Durch­gängen – sie sind mit etwa 40 cm ­recht schmal gehalten.

Was der Meister wohl dazu sagen würde, dass sich der Durchschnittsamerikaner in den letzten Jahrzehnten hauptsächlich in die Breite entwickelt hat? Und wie würde sich ein solches Schwer­gewicht in der winzigen Küche des Centre Le Corbusier machen 

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