Die Kathedralen einer Stadt
Lärm macht krank und ist das, was die Menschen an ihrer unmittelbaren Umwelt am meisten stört. Allerdings zeigt sich auch, dass die meisten weder aufmerksame Zuhörer sind noch Geräusch, Schall und Klang voneinander unterscheiden können. Ich bisher auch nicht – bis ich am internationalen «Tag gegen Lärm» an einem Klangrundgang teilnahm.
Die Vereinigung kantonaler Lärmschutzfachleute lud dazu ein, nicht gegen den Strassenverkehr oder andere überlaute Emissionsquellen zu protestieren, sondern den Stadtraum in unvoreingenommenen Höreindrücken wahrzunehmen. Im Bild oben erkennt man zum Beispiel das Überbleibsel einer Tankstelle, deren Dach nun ein kathedralenartiges Echo erzeugt. Unter einer alten Bogenbrücke herrscht derweil eine konzertwürdige Akustik: Flüstern genügt vollkommen. Ganz zu schweigen von der Vielfalt der sich überlappenden Töne: vom Donnern einer Eisenbahnbrücke über das Läuten der Kirchenglocken oder das Zischen eines Trams bis zum Heulen von Sirenen.
Wie der akustische Begleiter bemerkte, muss man die Geräusche kennenlernen, um sie schätzen zu können. Bei mir hat es gewirkt. Und gelernt habe ich ausserdem, dass sich Vögel in der Stadt angewöhnt haben, lauter zu pfeifen, um im allgemeinen Lärm nicht unterzugehen.