C’est la vie

2007 nahm das Schweizerische Landesmuseum die Archive der Pressebildagenturen «Presse Diffusion Lausanne» und «Actualité Suisse Lausanne» in seine Bestände auf. Derzeit ist in der Schau «C’est la vie» eine Auswahl der darin enthaltenen Negative, Papierabzüge und Diapositive aus der Zeit von 1940 bis 2000 zu sehen – zusammen mit drei «Maisons démontables» des französischen Architekten Jean Prouvé.

Publikationsdatum
16-02-2012
Revision
25-08-2015

Die gezeigte optische Reise durch die Schweizer Geschichte ab 1940 ist in mancher Hinsicht bemerkenswert: Pressefotografen haben Alltägliches, Trauriges, Festliches und Ausserordentliches im Bild festgehalten. Besonders faszinierend wirkt der Ausstellungs-teil, der eine Chronik der Schweiz dieser Jahrzehnte dokumentiert. Aber auch die in Mode gekommenen Misswahlen, die allsommerlichen Reisen des Gesamtbundesrats und Themen, wie das Leben im Zweiten Weltkrieg, der wachsende Privatverkehr, der Jurakonflikt, das Frauenstimmrecht oder die offene Drogenszene am Platzspitz in Zürich, sind in eindrücklichen Bildern zu sehen. Bis gegen 1960 waren es die damals noch in grosser Zahl erscheinenden Wochenblätter und illustrierten Zeitschriften, die bebilderte Reportagen und sorgfältig recherchierte Bildstrecken publizierten. Die Tageszeitungen dagegen verliessen sich weitgehend auf das geschriebene Wort, so erschien die NZZ von 1894 bis 1969 dreimal täglich. Bilder in Tageszeitungen waren damals kaum üblich, Le Monde aus Paris verzichtete – ausser im Feuilleton – bis weit in die 1990er-Jahre auf Fotografien. Das ab den 1960er-Jahren zunehmend populärere Fernsehen veränderte die Sehgewohnheiten auch in den Printmedien radikal. Nicht mehr die umfangreiche Fotoreportage war nun gefragt, sondern das treffende Bild zu einem einzelnen Ereignis. Zudem veränderte die Digitalfotografie die Dauer, bis ein Bild druckfertig vorlag.

Pavillons von Jean Prouvé

Auf den ersten Blick scheint die Idee, drei Pavillons von Jean Prouvé (1901–1984) aus den 1940er-Jahren als Gestaltungselement für die Ausstellung zu nutzen, eher fremd. Beim Besuch wird aber klar, was sie bewirken: Die Leihgaben der Pariser Galerie Patrick Seguin machen die Atmosphäre der schwierigen Jahre nach 1940 und die Aufbruch-stimmung der 1950er-Jahren greifbar. Sie wirken aus heutiger Sicht wie ein Citroën 2CV der Architektur: leicht gebaut, aus auswechselbaren Elementen zusammengesetzt und für den beschränkt dauernden Gebrauch – genau wie die Pressebilder, die in der Ausstellung einen neuen ­dokumentarischen Wert erhalten. Die Besucher und Besucherinnen können sie mit ihren eigenen Erinnerungen verknüpfen – eine Idee, die dem Publikum sichtlich gefällt.

Ausstellung und Katalog


Die Ausstellung ist bis 22.3.2012 zu sehen. Öffnungszeiten: Di–So 10–17 Uhr, Do 10–19 Uhr. Informationen zu Ausstellung und Begleitprogramm: www.cestlavie.landesmuseum.ch. Der Katalog kostet Fr. 38.–


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