Ce­ci n’est pas un pont

Publikationsdatum
27-05-2015
Revision
08-10-2015
Thomas Ekwall
MSc. EPFL Bau-Ing., MAS ETHZ Arch., Korrespondent TEC21

Mein vierjähriger Neffe baut seine Eisenbahnanlage um, eine ewige Baustelle. Als er dieses rote Teil mit verträumtem Blick in der Hand hält, fühle ich mich als Ingenieur verpflichtet, ihn aufzuklären: «Mach dir mal nichts vor, eine solche Brücke würde in Wirklichkeit einstürzen», sage ich zu ihm. «Dieser Pylon in der Mitte ist ­ja gar nicht gehalten. Statt den Brückenpfeilern an den Seiten gehört da einer in die Mitte.» Zuerst verdutzt, kontert mein Neffe mit Überzeugung: «Dann kippt die Brücke aber um, wenn ich mit dem Zug drüberfahre!» 

Mist. Was mache ich jetzt? Soll ich ihm die stabilisierende Wirkung der Fundamente erläutern? Am Ende kommt er noch auf die Idee, die ­Pfeiler mit den Bodendielen zu verschrauben – besser nicht. Soll ich ihm einen Exkurs zum Skaleneffekt von Modellen halten? Da habe ich schon mit Archi­tekten genug zu tun: Ein 20 m auskragender Balkon aus ­Styropor kann nicht gebaut werden, musste ich neulich erklären.

… c’est l’image d’un pont.

Ich ­möchte nur vermeiden, dass seine Vorstellung von der Welt durch diesen Gegen­stand irregeleitet wird. Schliesslich sage ich: «Geh solchen Überlegungen ruhig öfter mal nach, vielleicht wäre das Brückenbauen etwas für dich » Er träumt weiter … 

 

Magazine

Verwandte Beiträge