Bau­män­gel ver­mei­den

Gemäss eines Forschungsprojekts der ETH Zürich werden im Wohnungsbau rund 8% der Gesamt­baukosten für die Beseitigung von Baumängeln ausgegeben. Die Gründe liegen zum einen in der steigenden Komplexität des Bauens, zum anderen in mangelhaft geschultem Personal sowohl in der Planung und auf dem Bau als auch im Fachhandel.

Publikationsdatum
24-05-2012
Revision
01-09-2015

Das Forschungsprojekt «Baumängel im Schweizer Wohnungsbau»1, das momentan am Institut für Technologie in der Architektur ITA der ETH Zürich durchgeführt wird, offenbart aufrüttelnde Zahlen: Im Schweizer Wohnungsbau werden pro Projekt durchschnittlich 15 Baumängel festgestellt – Schönheitsfehler und sogenannte unwesentliche Mängel nicht eingerechnet. Ein Baumangel wird gemäss SIA-Norm 118 als «Abweichung vom Vertrag» bezeichnet. Bei rund 43'600 pro Jahr erstellten Wohneinheiten2 und durchschnittlich 2500 Franken Folgekosten pro Schadensfall summieren sich die Ausgaben für die Beseitigung der Mängel auf 1.64 Mrd. Franken.

Kritische Stellen

Die häufigsten Schäden finden sich am Übergang zwischen Aussen- und Innenraum. In den Mängelprotokollen fallen 28.4% der Schäden in den Bereich «Fenster, Türen und Storen», bei den  Gutachten sind es 15.6%. Dazu kommen fehlerhafte Balkon- und Terrassenanschlüsse (2.1% / 19.7%) sowie Mängel an der Aussenwand (1.6% / 25.8%). Die Ursachen dafür liegen zum einen in ­einem erhöhten Anspruch an die Funktionen der Gebäudehülle (Witterungsschutz, energetische Optimierung, Ästhetik), wodurch der Fassadenaufbau komplexer wird. Zum anderen ist der hohe Grad der Arbeitsteilung in Planung und Bau für Mängel verantwortlich: Arbeiten und planen mehrere Firmen an einem Detail, fühlt sich keiner für die Gesamtausführung verantwortlich. Zudem erschwert die Zunahme an Bauprodukten die Anwendung sowohl in der Planung als auch auf der Baustelle – durch den Mangel an gut ausgebildetem Personal im Fachhandel leidet die Beratung. Aus- und Weiterbildung sind ohnehin ein Schlüsselbegriff: Mangelndes Wissen der Planer und die geringe Berufserfahrung von Bauleitern sind häufige Ursachen für Baumängel. Zu diesen Faktoren kommt bei Bauprojekten der praktisch immer herrschende hohe Zeitdruck, der sich in fehlender Sorgfalt bei Vergabegesprächen, Offerteneinholung oder Referenzbegutachtung niederschlagen kann. Ein nicht zu unterschätzender Aspekt ist auch eine schlecht oder falsch informierte Bauherrschaft, was auf ungenügender Beratung durch die ­Architekten zurückzuführen ist. Dieses Unwissen kann Fehlentscheide bewirken, die wiederum zu steigendem Zeitdruck führen.

Was lässt sich dagegen tun 

Bei den Gegenmassnahmen setzt die aus der Studie resultierende Arbeit «Bauen ohne Mängel – Wunsch oder Realität » an, die vom ITA gemeinsam mit dem Schweizer Baumeisterverband SBV erarbeitet und im Herbst dieses Jahres erscheinen wird. Die Autoren schlagen darin konkrete Massnahmen für die Erhöhung der Bauqualität vor, wie die Verbesserung der Aus- und Weiterbildung, vor allem in Bezug auf Konstruktionswissen und Praxisbezug und mit besonderem Augenmerk auf den Beruf des Hochbauzeichners. Zudem empfehlen sie die Einführung von Entscheidungsterminprogrammen und eine gemeinsame obligatorische Prüfung der Ausführungs- und Detailpläne durch Architekten, Bauleiter und Planende.

Anmerkungen 

  1. Das Forschungsprojekt basiert auf der gleichnamigen Dissertation von Oliver Kriebus, ETH Zürich. Dafür wurden die Daten von Gutachten von 1013 zwischen 1992 und 2010 erstellten Neubau­ten sowie die Mängelprotokolle von 54 zwischen 2004 und 2010 erstellten Gebäuden ausgewertet sowie 141 Gespräche mit Exponenten der ­Bauwirtschaft geführt (Planende, Ausführende, Bauherrschaften).
  2. Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2010.

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