Aus­bau er­gänzt den Bau – We­ge in die Zu­kunft

InteriorDay 2016

Innenausbau bringt Bauwerke zum Leben. Klingt einfach, kann aber aufwendig sein. Am InteriorDay 2016 in Biel wurde gezeigt, wie Nischenprodukte von herausragender Technik und Gestaltung sich abheben können, auch in einem wirtschaftlich zunehmend komplexer werdenden Umfeld. Wege in die Zukunft brauchen oft Fantasie und Wagemut.

Publikationsdatum
04-10-2016
Revision
05-10-2016

Entsprechend dem Bereich Bautechnik sind auch beim Ausbau Fortschritte zu verzeichnen, verändern computergestützte Entwürfe und damit verbundene Produktionsmethoden hergebrachte Vorgehensweisen. Der vierte InteriorDay der Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau vom 28. September ging den Fragen nach, wie durchschlagende Innovationen zu entwickeln sind und welche Massnahmen dazu beitragen, sich erfolgreich gegen die Konkurrenz im In- und Ausland durchzusetzen. Wie können Schreinerei- und Innenausbaubetriebe in Zeiten von Frankenstärke und generell schwierigeren Rahmen­bedingungen erfolgreich wirtschaften? Unter dem Titel «Wege in die Zukunft» legten innovative Fachleute ihre Ideen dar und zeigten, wie sie die Zukunft ihrer Unternehmung sehen.

Zehn sachbezogene Vorträge und Präsentationen und ein aussergewöhnlicher Bericht aus künstlerischem Bereich waren Inhalt des Anlasses. Zur Hälfte waren dies technische und dem Design verpflichtete Aussagen, zur andern Hälfte Empfehlungen und Erfahrungen aus den Bereichen Betriebsplanung, Management und Marketing. Die künstlerische Interpretation rollte dies alles auf eigene Weise auf.

Innovative Werkstatt Schweiz – ein Erfolgmodell

Als Land mit dem Ruf, besonders innovative und einzigartige Produkte herzustellen und zu vermarkten, stellte der Leiter Innovationspolitik des Bundes Sebastian Friess die Schweiz dar. Diese sogenannten «Hidden Champions»Hersteller von weltweit einmaligen Produkten, die die Schweiz zu einer «innovativen Werkstatt» machen – können hier in einem Umfeld mit dafür günstigen Rahmenbedingungen tätig sein. Zusammen mit dem dichten Netz von Fachhochschulen und Universitäten sei dies der wesentliche Erfolgsfaktor.

Ideen und Innovationen schaffen ist dann von Erfolg gekrönt, wenn es um vom Markt gewünschte, technisch machbare und wirtschaftlich tragbare Objekte geht. Tonja Hofer-Erismann von SAP Switzerland zeigte, wie Erfindungen den Markt erobern können. Als Beispiel zitierte sie den Autopionier Henry Ford, der sagte: «Hätte ich die Leute gefragt, was sie wollen, hätten sie geantwortet: schnellere Pferde.» Sie erläuterte Wege und Umwege von Erfindungen und stellte dar, wie lang es dauert, bis eine Innovation 50 Millionen Menschen erreicht: das Telefon – 75 Jahre, Radio – 30 Jahre, Television – 13 Jahre, Facebook – 3,5 Jahre und das Spiel PokemonGo – 6 Tage. Hofer nannte als Grundsatz und Voraussetzung für den Erfolg neuer Ideen Empathie, Neugier und die Bereitschaft, auch einmal zu scheitern.

Überzeugende Beispiele aus der Praxis

Innovative Ideen sind das eine, ihre Umsetzung in marktreife Produkte das andere. Klare Firmenprofile, Erkennen und Nutzen von Nischen, Zusammenarbeit von Firmen bei Grossaufträgen und eine wirksame Werbung für Nachwuchs – das empfahl Thomas Iten, Zentralpräsident des VSSM den Unternehmen für eine erfolgreiche Zukunft.

Die am Anlass zu Wort gekommenen Firmen setzen genau darauf. Hier die Beispiele: Ein neuartiges Federsystem aus Holz statt Metall «Woodenboxspring» für bequeme Betten, entwickelt unter Mithilfe der Forschung, präsentierte die Firma Elite SA aus Aubonne. Mit dem Paneel «BauBuche» will die Firma Pollmeier aus Creuzburg (D) das in Mengen nachwachsende und unternutzte Buchenholz aufwerten und den Markt erobern – für Möbel und Ausbauten so gut wie für konstruktive Zwecke.

Mutige Investitionen in ein neues Spanplattenwerk und den Ausbau der Produktion in Richtung Systeme für Trockenbau sind erklärtes Ziel von Swiss Krono in Menznau.  Die Schreinerei Strasser Thun hat sich einen Namen mit Materialinnovationen geschaffen und geht im Bereich Oberflächenveredelung von Holz mit viel Spürsinn neue und eigene Wege. Dem Sitzmöbelhersteller Dietiker in Stein am Rhein ist klar, dass Ideen nicht vom Computer generiert werden und setzt auf ein starkes Team von Fachleuten um für ihre Produkte die Schweizer Kernkompetenz hochzuhalten: Qualität und Engineering intelligenter Lösungen.

Innovativ in die Zukunft

Andere Märkte, neue Technologien und die Konkurrenzsituation erfordern eine dauerhafte Entwicklung der Unternehmen und ihrer Mitarbeitenden. Dafür sei Klarheit der Ausrichtung und Information eine wesentliche Voraussetzung. Thomas Würtenberger von Killer Ladenbau, Turgi nannte hier die Stichworte Enrichment, Empowerment, Entertainment und zeigte sich überzeugt, dass voll motivierte Mitarbeiter in jedem Bereich dem gesamten Unternehmen zu nachhaltigem Erfolg verhelfen.

Im Idealfall führt Motivation zu mehr Effizienz (und umgekehrt) und lässt so ungeahnte Energie in das Unternehmen fliessen. Ganz allgemein gesagt sind es also firmeninterne Prozesse, die ein Unternehmen fit und erfolgreich für die Zukunft machen. Innovation bedingt die Bereitschaft, das Konventionelle und Sichere infrage zu stellen und darüber zu sprechen. Dies betrifft das Management so gut wie die Mitarbeitenden. Sicher ist das kein hindernisfreier Weg, öfters aber der nachhaltigere.


Wo alle gehen, wächst kein Gras

Die beiden Konzeptkünstler und Zwillinge Frank und Patrik Riklin (Atelier für Sonderaufgaben) zeigten in einem witzigen Einschub, wie Künstler die Wirtschaft «verunüblichisieren» können. Sie nennen das «Artonomie», eine Kooperationsfeld zwischen Kunst und Unternehmen das am System rüttelt um neue Wirklichkeiten zu schaffen. Als Beispiele präsentierten sie ihre Aktionen für ein «Kleines Gipfeltreffen», für ein «Bignik» – ein Picknick auf einem riesigen Tuch für Tausende von Ostschweizern, für ein «Null Stern Hotel», das in einem Bunker im Appenzellerland den Begriff des Luxus neu definierte, und letztlich auch ihre Weigerung, für eine neuartige Fliegenfalle Werbung zu machen und stattdessen unter dem Titel «Respect Insects» das Leben von Fliegen zu retten. Ungewöhnlich, aber dennoch immer wieder zu Ergebnissen führend, die auch wirtschaftlichen Erfolg versprechen – ein Versprechen, das einzulösen sich die Gebrüder Riklin aber standhaft weigern. Denn nur so lasse sich ihr Projekt der kreativen Verweigerung erfolgreich weiterführen.

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