Auf der Tul­pe sit­zen

Publikationsdatum
07-08-2014
Revision
10-11-2015

Neulich in Aarau. Ich habe noch Zeit, bis mein Zug fährt. Etwas kurios sehen sie ja aus, diese Tulpen auf dem Bahnhofsplatz. Eine junge und seltene Kreuzung. Ich nehme all meinen Mut zusammen und klappe die knallrote Blüte auf. Voilà, man sitzt überraschend bequem und kann sich sogar rundherum drehen. Die Blumen sind witzig und bringen Farbe auf den Platz. Und sie sind deutlich massiver und stärker ­verwurzelt als ihre natürlichen Kollegen. Auf Wasser und Licht sind aber offensichtlich beide angewiesen, denn die XXL-Plastik­hybriden sind nicht überdacht. 

Fabriziert werden die Sitze von der niederländischen Firma «Tulpi». Aarau hat sich mit roten Modellen für «Love» entschieden. Was will uns die Stadt hier durch die Blume sagen? Im Angebot wären auch ­gewesen: Pure, Magic, Joy, Thrill, Happy, Spirit, Fresh oder Relax. 

Widerspiegelt diese Installa­tion den Zeitgeist der heutigen Kommunika­tion? Wer sich hier niederlässt, hat wohl nicht primär das Ziel, mit ­seinen Mitmenschen ins Gespräch zu kommen. Fehlt nur noch die ­Dockingstation fürs Tablet. Oder ist die grosszügige Verteilung der Sitze lediglich der Wurzelgrösse, sprich den Fundamentabmessungen geschuldet? Wie auch immer: Die Möblierung im öffentlichen Raum treibt manchmal seltsame Blüten. 

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