Ar­chi­tek­tur­kreuz­fahrt 2016: La Ci­té Ra­dieu­se und La Rou­viè­re

Publikationsdatum
05-10-2016
Revision
11-10-2016

Es gibt in Marseille sehr viel zu entdecken und zu studieren – wir müssen wiederkommen! Dazu gehören auf jeden Fall die Wohnanlagen. Nachdem wir uns gestern mit Fernand Pouillons Hafenbebauung beschäftigt haben, war heute Le Corbusiers 18-geschossige Cité Radieuse (1947–1952) an der Reihe. Sie wird gerade renoviert, was keine einfache Sache ist: Zum einen sind die 337 Wohnungen alle in Privatbesitz, und zum anderen steht das Gebäude unter nationalem Denkmalschutz. Doch wir haben das Glück, eine Wohnung besichtigen zu dürfen, die noch fast integral erhalten ist: die Küche, die Fensterrahmen, die eingebauten Regale, einfach alles … eine wunderbare Lektion darüber, wie man auf möglichst wenig Fläche möglichst viel räumlichen Reichtum und eine verblüffende Wohnqualität unterbringt.

Von der Dachterrasse blicken wir auf das neu überdachte Stadion (vgl. TEC21 24/2016) und hinüber zu einer Wohnanlage, deren Besichtigung sich nicht weniger lohnt: Die 1960–1969 erbauten Riesenblöcke der Rouvière – sechs Zeilen, ein Turm und ein Zentrum mit Läden des täglichen Bedarfs – liegen an einem Hang mit 50 % Steigung und bilden die grösste Miteigentümergemeinschaft Europas. In den 2161 Wohnungen leben rund 8000 Menschen, ursprünglich «Pieds-Noirs», die nach der Unabhängigkeit Algeriens nach Frankreich flüchteten. Das Gelände umfasst ca. 30 Hektaren, von denen nur 13 überbaut sind, der Rest ist Park. Ein ziemlich extremes Beispiel dafür, was Dichte bedeuten kann – und dass diese durchaus gut funktionieren kann, die Rouvière gilt als gutbürgerliche Wohnlage.

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