Ar­chi­tek­tur 0.13: Zu Mark­te ge­tra­gen

Die Werkschau architektur 0.13 in Zürich bot der Architektenzunft eine Gelegenheit zur Selbstdarstellung. Vom 25. bis am 27. Oktober 2013 waren ihre Präsentationen in der Maaghalle zu begutachten. Der Anlass hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck.

Publikationsdatum
28-10-2013
Revision
01-09-2015

Wie und wo finden Architektinnen und Architekten ihre Kundschaft? Diese Frage stellt sich immer wieder neu. Neben dem ökonomisch riskanten und aufwendigen Königsweg der Akquisition über das siegreiche Wettbewerbsprojekt gibt es auf sie keine klare Antwort. architektur 0.13 stellte jenen eine Plattform zur Verfügung, die auf Originalität setzen. 

Der erklärte Anspruch der Schau war es, die Frage von NZZ-Chefredaktor Felix E. Müller, «Können Schweizer Architekten denn nur langweilig bauen », energisch zu verneinen. Laut Müller sehen alle neuen Gebäude gleich aus, es fehlt der Mut zur Originalität, zur Sinnlichkeit und zum Experiment. 

Eigentlich hätte man erwarten dürfen, dass sich die teilnehmenden Einzelpersonen, Teams und Büros mit ihren Präsentationen gegen die plakative, wenig fundierte Kritik Müllers wehren. Das geschah nicht; von einer dezidierten Gegenoffensive der Fachwelt zur Wahrung oder Rettung ihrer Reputation war an der architektur 0.13 wenig zu spüren.

Auf die weissen Styroporblöcke, die als Präsentationsmöbel dienten, wurden brav konventionelle Werkübersichten gestellt respektive in sie eingearbeitet. Dies geschah zwar verschiedentlich in origineller Weise: Hier hing ein Block schräg von der sich im Dunkeln verlierenden Decke der einstigen Industriehalle, dort wurde der Schaumstoff als Terrain und Material für ein Hochhausmodell zum Baustoff. Ein grosses Architekturbüro überzog seinen Block mit einer terrakottafarbenen Plastilinmasse, in welche das Logo des Unternehmens, Prospektnischen und die Greif- und Tretspuren des Publikums eingeprägt waren. 

Aber die Botschaft der Präsentationen vermittelten fast durchgehend die üblichen Renderings, Projektaufnahmen, das gelegentliche Modell und Erläuterungen in der bekannten verschwurbelten Architektensprache, die das Bauherrenberater-Business boomen lässt. Mitglieder der beteiligten Büros waren nicht anzutreffen, die Blöcke standen für sich und warteten darauf, dass sich ein jeder seinen Reim auf das Dargebotene macht. 

Die Karte Originalität wurde dort am wirkungsvollsten ausgespielt, wo ein deutlicher Anflug von Ironie, ja Selbstironie zu spüren war. Ein Büro nutzte seinen Auftritt, um sich munter mit Collagen und der Parodie eines Abstimmungsplakats über den Architekturmarketing-Betrieb lustig zu machen, es stellte sogar aus heiterem Himmel einen Pony-Award in Aussicht.

Ein anderer Beitrag verwandelte Zürich in eine Pumpkin City, die alle zufriedener macht. Es handelte sich dabei allerdings nicht um das Werk eines Architekturbüros, sondern um einen Einfall von bildnerischen Künstlerinnen. Überhaupt war die architektur 0.13 mit einer beträchtlichen Anzahl fachfremder Präsentationen angereichert: Architekturfotografinnen und –fotografen, Visualisierungsunternehmen oder Anbieter eines Open Source Lasercutter versuchten wohl primär, Architektinnen und Architekten als potenzielle Kundschaft auf ihre Leistungen aufmerksam zu machen. 

Der Beteiligungsmix und die wegen der einheitlichen Präsentation auf den ersten Blick kaum wahrnehmbaren Unterschiede zwischen dem Angebot der einzelnen Protagonisten waren ein bisschen verwirrend. Es fiel schwer, sich vom anvisierten Zielpublikum eine konkrete Vorstellung zu machen. 

Die Kuratierung durch die Lifestyle-Journalistin und Architekturberaterin Martina Schober führte zu einer leidlich abwechslungsreichen Ausstellungslandschaft, die etwas dürftig ausgefallenen Sonderschauen entlang der Hallenränder und insbesondere die besteigbare Holzskulptur «Endless Stairs» waren eine angemessen zurückhaltende Bereicherung der Präsentationen. Die Besucherinnen und Besucher trafen auf ein wohlgeordnetes, geradezu entspannendes Lounge-Ambiente ohne Reizüberflutung – eine gefällige Darbietung mit mangelndem Fokus. 

Dass Felix E. Müller seine Einschätzung nach der architektur 0.13 ändern wird, erscheint zweifelhaft. Das macht nichts, denn Originalität ist mit Sicherheit weder der einzige noch der grösste Trumpf, mit der die einheimische Architekturszene ihr Können und ihre Leistungskraft zu Markte tragen kann. Der Schau, welche zur grössten und bedeutsamsten Impulsgeberin der Schweizer Architekturszene werden möchte (no less!), wünscht man etwas mehr Biss, grössere Tiefenschärfe und eine stärkere Resonanz auf das ausgegebene Motto.

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