An­knüp­fungs­punk­te für neue Bau­trends ge­sucht

Wie können sich die Energieeffizienz und die Digitalisierung beim Bauen gegenseitig bereichern?

Energieeffizienz hängt primär vom Wissen und Können der planenden Ingenieure ab. Die Digitalisierung kann dagegen die Effizienz auf Verbraucherseite weiter steigern. Um  Energieeffizienz und Digitalisierung gewerkeübergreifend zusammenzubringen, können daher Energieingenieure eine Schlüsselrolle einnehmen.

Publikationsdatum
26-04-2016
Revision
26-04-2016

Ein wichtiger Pfeiler der Energiestrategie 2050 ist das energieeffiziente Bauen. So reduziert eine Verbesserung der Gebäudetechnik die Treibhausgasemissionen um mindestens 40 % und rund 15 % des Energieverbrauchs. Weitergehende Fortschritte verspricht die Digitalisierung des Baubereichs. Anfang April diskutierten Fachleute aus Forschung und Praxis über die Chancen, dass digitales Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden die Energiezukunft näher bringen kann. Zum Anlass «Passerelle Workshop» eingeladen hatten der SIA-Fachverein Gebäudetechnik und Energie, die Hochschule Luzern, Abteilung Technik & Architektur, sowie das Netzwerk der Energieingenieure Alenii. Die Veranstaltung ermöglichte eine thematische Synthese der beiden Bautrends Digitalisierung und Energieeffizienz.

«... is still a fool»

Frank Thesseling, Geschäftsführer Keoto, zeigte zur Eröffnung konkrete Beispiele, wie die Digitalisierung die Planung von Gebäuden verändert. Digitale Instrumente wie BIM (Building Information Modelling) erlauben, die Komplexität der Planung in einer frühen Phase zu organisieren. Doch nur eine Software runterzuladen genüge nicht: «Die Baubranche muss Erfahrungen im digitalen Bauen sammeln, denn a fool with a tool is still a fool.»

Die Sicht eines Investors erklärte Balz Halter, Verwaltungsratspräsident Halter Gruppe: «Dank einer digitalen Gebäudeinfrastruktur werden neue, cloud-basierte Angebote entstehen, welche die Energieeffizienz erhöhen, den Komfort verbessern und die Energiekosten senken.» Somit wird das Gebäude einem Smartphone immer ähnlicher. «Anstatt den Elektriker zu holen, braucht es in Zukunft einfach ein Update», prophezeit der Immobilienentwickler.

Gebäude als Smartphone

Volkmar Hovestadt, CEO digitales bauen, erläutert die Veränderungen und Vereinfachungen der Planungsprozesse durch das Building Information Modelling (BIM) und legt dabei den Fokus auf Baukastensysteme. Planung sei mit der Programmierung vergleichbar. «Modulares Bauen ist unser Ansatz zum Programmieren», erklärt Hovestadt. «Die Methoden des Softwaredesigns werden auf die Planungsprozesse übertragen; dadurch wird der Bauprozess rationeller und wo möglich sogar kreativer.» Markus Weber, Präsident SIA FGE, ergänzte in der Podiumsdiskussion, dass auch das Facility Management davon profitieren könne.

Digitale Korrektur

Als interner Projektleiter Neubauten im Felix Platter-Spital veranschaulicht Jean-Luc Perrin die Rolle der Bauherrschaft und des Betreibers für die digitale Transformation. Dabei sei vor allem die zunehmende Bedeutung der integralen Aussagefähigkeit zu betonen. Nur mit BIM seien die Dokumentationen integral und von allen Beteiligten anwendbar, ist Perrin überzeugt.

Architekt Lorenz I. Zumstein, Mitglied der Geschäftsleitung jessenvollenweider architektur ag, erläutert die Chancen und Risiken von Energieeffizienz und Digitalisierung für die Architekturpraxis. So könne eine eindimensionale, energetische Sanierung einen extremen Raubbau an der Baukultur verursachen und die architektonischen Gebote Firmitas (Festigkeit), Utilitas (Nützlichkeit) und Venustas (Anmut) in Schieflage bringen. «Digitales Bauen bringt dagegen eine neue Form des Handwerks zurück in die Baukultur und stärkt die Generalistenrolle des Architekten.»

Marco Waldhauser, Mitinhaber Waldhauser + Hermann, betont zwar, dass die Energieeffizienz primär vom Ingenieurswissen profitiert. Aber die Digitalisierung helfe beim Energieeinsparen im Betrieb, weil der Endverbraucher dadurch sensibilisiert werden kann. «Die Analyse des Energieverbrauchs macht letzteren transparenter.»

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